Auch Malerinnen gab es in Groß Borstel

Nach der Wiederentdeckung der Kunstgewerblerin Anni Glissmann (1900-1959) aus dem Brödermannsweg, möchte der Kommunal-Verein Ihnen heute eine Zeitgenossin vorstellen: die Groß Borsteler Malerin und Gewerbelehrerin Charlotte West.

Allis Georgine Charlotte wurde am 14. August 1898 in Sao Paulo, Brasilien, geboren. Nach dem frühen Tod der Mutter, entschloss sich der in Altona geborene Vater Peter Johannes West 1903 mit seinen beiden kleinen Kindern (Charlotte hatte einen zwei Jahre jüngeren Bruder Albert) nach Deutschland zurückzukehren. Peter heiratete erneut, und 1911 zog die Familie nach Hamburg. Obwohl es mit der neuen Mutter wegen ihrer Strenge nicht immer einfach war, hatte Charlotte es jedoch ihr zu verdanken, dass sie eine gute Berufsausbildung erhielt, sie wurde Gewerbelehrerin mit Schwerpunkt Handarbeit.

Wahrscheinlich lernte Charlotte um 1925 während ihrer Ausbildung in Postdam den Groß Borsteler Maler Paul Storm kennen, der am dortigen Seminar Gewerbelehrerinnen ausbildete. Die erste Anstellung erhielt sie 1933/34 an einer jüdischen Schule in Hamburg. 1936 mußte sie dann in den Hamburger Schuldienst wechseln und lehrte an diversen Schulen. Ab 1954 bis zu ihrer Pensionierung gehörte sie zum Lehrkörper des Albert-Schweitzer-Gymnasiums in Klein Borstel.

Charlottes künstlerische Fähigkeiten wurden natürlich durch ihre Begegnung mit Paul Storm sehr gefördert. Trotz des großen Altersunterschiedes fühlten sie sich eng verbunden und lebten zusammen in Storms Haus in Groß Borstel im „Weg beim Jäger“. Sie fuhren gemeinsam von 1927-1938 jährlich nach Hessen in die Willinghausener Malerkolonie, wo sie neue Anregungen aufnahmen und unterschiedliche Künstler und Kunstrichtungen kennenlernten. Über die Aufenthalte ist sehr wenig bekannt, denn es war in dieser Zeit nicht „schicklich“, dass unverheiratete Paare gemeinsam verreisten. Heute kann sich dieses kaum einer vorstellen, auch Charlotte sprach wegen der zahlreichen Widerstände in ihrem Umfeld mit keinem über ihr Privatleben. Sicher hing dies u.a. auch mit den häuslichen Umständen zusammen, denn das Paar Storm/West lebte mit Pauls drei unverheiratete Schwestern in einem Haus. Diese wachten eifersüchtig über ihren Bruder und machten Charlotte das Leben nicht einfach. Erst nach deren Ableben heirateten Paul Storm und Charlotte West am 08. Oktober 1947 in Hamburg-Eppendorf. Zum einen durch den großen Altersunterschied des Ehepaares, zum anderen durch Pauls sehr schwere Krankheit wurde Charlotte Storm mit 53 Jahren Witwe.

Trotz aller Widrigkeiten, gegen die Charlotte lebenslang zu kämpfen hatte, war sie ein liebevoller, freundlicher Mensch, der im Beruf und in der Kunst Ausgleich, Ruhe und Zufriedenheit fand. Als Lehrerin arbeitete sie kunstpädagogisch mit jungen Menschen, die sicher viel Freude daran hatten, mit ihr Kostüme für diverse Theatervorstellungen der Schule zu entwerfen und herzustellen. In ihrem Garten am „Weg beim Jäger“ fand sie die Motive, die sie gerne auf das Papier oder die Leinwand bannte. Sie liebte den Apfelbaum vor ihrem Fenster, den sie immer wieder malte und den wir auf dem Aquarell bewundern können, das ihr Neffe Georg West jetzt dem Kommunal-Verein vermachte. Von 1956 bis zu ihrem Tod in Ahrensfelde 1988 betreute er Charlotte und hat die noch vorhandenen Gemälde seiner Tante und seines Onkels bewahrt.

Der Kommunal-Verein nimmt das Bild von Charlotte Storm, geb. West, gerne als Vermächtnis an eine vergessene Groß Borsteler Künstlerin an und bedankt sich herzlich.

B.P.