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So war es früher: Frucht- und Gemüse K.H. Foerster, Borsteler Chaussee/Ecke Brödermannsweg

frster_frucht_m.schulgebErraten Sie, wo wir uns auf dem oben abgebildeten Foto befinden? Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1955, ist also mehr als  50 Jahre alt. Zu dieser Zeit stand noch das alte Schulgebäude an der Ecke Brödermannsweg/Borsteler Chaussee (siehe Vordergrund links). Von dort geht der Blick in Richtung Borsteler Chaussee, die noch nicht ausgebaut war und die Lindenallee – leider ohne Blätter – zeigt, ebenso auf der linken Straßenseite die alten Häuser, bevor diese durch den Klinkerbau mit dem Modeladen und dem K & K Radsport ersetzt wurden. Wenn Sie genau hinsehen, erkennen Sie vielleicht auf dem Mittelstreifen die Schienen der Straßenbahnlinie 18, die bis 1966 fuhr. Auf der rechten Seite des Fotos hinter dem geparkten Lastwagen sieht man das ehemalige Frucht- und Gemüsegeschäft der Familie Foerster. 1949 begann sie mit einem einfachen Stand vor dem alten Eckhaus, an dem sie Obst und Gemüse verkauften.

Ihre Lebensgeschichte ähnelt vielen Schicksalen, die sich in den Kriegs- und Nachkriegsjahren zugetragen haben, und ist doch ihre ganz eigene, unverwechselbare.

Karl Heinz Foerster, 1923 in Neusalz in Niederschlesien geboren, hatte das Schlachterhandwerk erlernt, konnte es durch den Beginn der II. Weltkrieges aber nicht mehr ausüben. Er wurde eingezogen und kam mit seiner Kompanie nach Russland. Seine spätere Frau Paula wurde 1922 in Hamburg geboren, und sie hätten sich nie kennen gelernt, wäre Paula nicht zunächst zum Arbeitsdienst nach Freystadt und später nach Neusalz zum Kriegshilfsdienst eingesetzt worden. Das Schicksal wollte es, dass Karl-Heinz sehr krank wurde und zum Heimaturlaub zurück nach Neusalz kam, dort lernten sie sich kennen und lieben. Noch während des Krieges zogen sie nach Hamburg und heirateten dort 1944. In kurzen Abständen wurden ihre beiden Kinder Wolfgang (1945) und Jutta (1946) geboren.

karl-h._frster_gehilfeSchon drei Jahre nach ihrem Start bauten sie sich 1952 eine kleine Holzbude im Vorgarten des Eckhauses an der Borsteler Chaussee/Brödermannsweg.
Mühsam hatte man Geld dafür zusammengespart, aber „schon bevor die Bude vollständig abbezahlt war, durften wir mit dem Verkauf beginnen,“ erzählt Frau Foerster. Nun ging`s kontinuierlich aufwärts. Die Holzbude wurde erweitert. Auch das Glück war den Foersters hold, Karl-Heinz spielte Lotto – und gewann, nicht den „großen Wurf,“ dafür aber mehrere kleine! So konnten sie nach und nach ihr Geschäft ausbauen, bis endlich ca. 1960 ein fester Anbau daraus wurde.
tempo-autofoerster_festautoDas erste Auto – ein Tempo  – wurde durch einen properen Lastwagen ersetzt, den sie zu Groß Borsteler Festen fantasievoll gestalteten.

Noch eine hübsche Geschichte berichtete mir Paula Foerster. Eines Tages – es muss Ende der sechziger Jahre gewesen sein – kam ein junger Mann in den Laden. „Er war ein armer Schlucker und wohnte in einer Wohngemeinschaft in der Köppenstraße.“, erzählt sie, „Hin und wieder half er bei Lieferungen, die Waren abzuladen und in den Kühlraum im Keller zu tragen. Dafür erhielt er zum Lohn Obst und Gemüse,“ Der junge Mann war Otto – Otto Waalkes, zu dieser Zeit noch ganz unbekannt, aber doch schon aktiv am Basteln zu seiner späteren Karriere. „Hätte ich das gewusst, dann hätte ich seine ´Ottifanten`, die er mir irgendwo hinkritzelte, mit Sicherheit aufgehoben!“, sagt sie bedauernd. Auch im damaligen Imbiss an der Ecke Köppenstraße (heute Lucullus) war Otto oft mit seinem kanadischen Freund zu sehen, machte Musik und malte seine Ottifanten.

Das „Aus“ für Foersters und ihr Geschäft kam unerwartet. Im Jahr 1972 berichtete der „Stern“ in einem Artikel mit der Überschrift „Tod des Einzelhändlers“ über den bevorstehenden Abriss des Eckhauses und damit auch des Anbaues von Foersters. Nicht der Tod von Karl-Heinz war gemeint, sondern das allgemeine Sterben der „Tante Emma Läden.“

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Der feste Anbau des Obst- und Gemüsegeschäftes von Foersters. Das Geschäft blieb noch bis ca. 1975 bestehen, dann entstand der heutige Neubaukomplex mit der Haspa.

Doch die Geschichte der Familie Foerster endet nicht tragisch. Sie ziehen zwar aus Groß Borstel fort, auch eröffnen sie kein neues Obst- und Gemüsegeschäft. Herr Foerster aber machte einen beruflichen Neuanfang bei Schrauben-Reyer.
Privat hatte ihre ganze Liebe schon lange dem Land Spanien gehört, wohin sie ausnahmslos in ihren Ferien gereist waren. Etwa 1970 kauften sie sich eine  Eigentumswohnung in Tabernes und übernahmen dort ein Restaurant. Noch heute reist Paula Foerster jedes Jahr nach Spanien und besucht ihren dort verheirateten Sohn Sebastian, der jetzt das Restaurant weiterführt.            Traute Matthes-Walk