VERSCHLOSSENE KLEINGÄRTEN

Warum wird der Durchgang behindert?

Wir alle lieben die Kleingärten, sie werden in letzter Zeit immer beliebter. Junge Familien leisten sich eine kleine Laube mit Garten, Rasen, Blumen und vielleicht auch Gemüse- und Obstanbau, um sich zu entspannen, die Luft draußen zu genießen, den Kindern Freiraum zu geben. Besonders in Zeiten von Corona eine feine Sache. Aber sind die Kleingärten eigentlich noch öffentlich? Darf man die Abkürzung durch Kleingärtengebiete nutzen? Gar mit dem Fahrrad?

„Ja!“, meint Konrad Stege. „Man sollte die Kleingartengebiete stärker für den Durchgang öffnen. Der rot-grüne Senat setzt auf die Stärkung des Radverkehrs. Einige Wege durch Kleingärten eignen sich sehr gut als Alternative für Radfahrer, die nicht an den von Autos vielbefahrenen Hauptstraßen radeln wollen. Deswegen habe ich Martin Bill auf der Kandidatenbefragung des Kommunalvereins zur Bürgerschaftswahl befragt.“

Martin Bill ist bekanntermaßen begeisterter Radfahrer. Er wurde nicht nur in die Bürgerschaft gewählt, er ist auch zum Staatsrat der Verkehrsbehörde ernannt worden. Sein Schwerpunkt: Stärkung des Radverkehrs.

Konrad Stege hatte ihm vorgeschlagen, die Wege mit Respekt-Schildern auszuweisen. Diese Schilder zeigen, dass auf den Wegen mit Fahrrädern gefahren werden darf und dass man auf Fußgänger und insbesondere spielende Kinder besonders achtgeben soll.

Martin Bill in einer E-Mail: „Eine Ausweitung dieses Ansatzes kann ich mir gut vorstellen – auch bei Kleingarten-Gebieten, die ja auf Grund ihrer Größe und Verbreitung in vielen Bereichen attraktive Fahrradverbindungen abseits von Hauptverkehrsstraßen darstellen.“ Er fragt allerdings, ob so eine Beschilderung auch gegen den Willen der Kleingartenvereine (rechtlich) möglich und sinnvoll ist. Und versichert zugleich, dass seine Behörde „überall dort, wo es sinnvoll ist“, in den Dialog mit den Vereinen treten will, um „geeignete Lösungen für den Radverkehr, Fußverkehr und Anlieger“ zu finden. Eine geänderte Beschilderung sollte mitbedacht werden.

Genau das scheint offensichtlich kaum im Sinne der Kleingartenvereine zu sein. Die neigen nämlich dazu, schildermäßig aufzurüsten. Fast überall findet sich auf den Schildern am Eingang des Geländes der Hinweis, es handele sich hier um einen Privatweg. Sehr häufig auch: Kein Durchgang! Zudem haben viele Kleingartengebiete die Wege teilweise mit einem massiven Tor verschlossen. Fußgänger kommen zwar durch eine Nebenpforte, aber einladend wirkt das Ganze zumeist nicht.

Tatsächlich soll der Landesbund der Gartenfreunde in Hamburg e.V. und dessen Kleingartenvereine die Vereinsgelände tagsüber offenhalten, und zwar nicht nur für die Pächter der Kleingartenparzellen, sondern ausdrücklich für die Öffentlichkeit. Nach einer 2019 zuletzt geschlossenen Vereinbarung zwischen der für Kleingärten zuständigen Umweltbehörde und dem Landesbund der Gartenfreunde dürfen Kleingartengebiete tagsüber nicht verschlossen werden. Sie sollen „Besuchern einen Einblick in die Gärten und ein Teilhaben an deren Schönheit ermöglichen.“ Kleingärten sind also Bestandteil des öffentlichen Grüns, eine Beschilderung mit „Kein Durchgang!“ oder „Privatweg“ steht der öffentlichen Nutzung entgegen.

Also müssten die abweisenden Schilder und Sperren abgebaut werden, um die angestrebte öffentliche Nutzung der Kleingartengebiete zu erreichen, meint Konrad Stege, der dies dem Staatsrat Martin Bill auch per E-Mail vorgeschlagen hat. Eine Antwort steht bislang – seit Mai – aus. Die Frage ist, ob sich der grüne Staatsrat und die grüne Umweltbehörde gegen den einstmals sehr wortgewaltigen Landesbund der Gartenfreunde durchsetzen kann und mag. Oder ob der gute und sinnvolle Vorschlag von Konrad Stege aus machtpolitischen Erwägungen heraus in einer der vielen Behördenschubladen verschwindet.

Text und Foto: Uwe Schröder