REWE SOLL BLEIBEN!

KANN DIE ÜBERNAHME DURCH LIDL NOCH VERHINDERT WERDEN?

Stadtteilentwicklung ist eines der schwierigen Themen für Stadtentwickler. Sie haben nur das Planungsrecht zur Verfügung, bestimmen also über Bebauungspläne, was gebaut werden darf und was nicht. Sie können bestimmen, was an den Rand oder was im Zentrum eines Stadtteils gebaut werden darf und was nicht. Aber sie können nicht mitbestimmen, an wen die Eigentümer vermieten.

Als Eigentümer stehen im Vordergrund der Vermietungsinteressen die Einnahmen. Jeder Vermieter freut sich, wenn diese ordentlich sprudeln. Ist ein Vertrag einmal abgeschlossen, braucht man nur noch monatlich aufs Konto zu schauen, um zu kontrollieren, ob die Miete eingegangen ist – wir vereinfachen mal etwas. Richtig aufwändig ist jedoch ein Mieterwechsel. Es muss ein neuer Mieter gefunden werden, der stellt gewisse Ansprüche und gibt sich vielleicht mit dem alten Bestand – sprich dem Zustand der Räume und der Parkplätze – vielleicht nicht zufrieden. Fast jeder Eigentümer scheut den Mieterwechsel.

Bei REWE ist das anders. REWE ist zufrieden in Groß Borstel und möchte gerne bleiben und weiterhin monatlich eine ordentliche Miete an den Eigentümer überweisen. Und Groß Borstel ist zufrieden mit REWE und kauft dort kräftig ein. Dennoch hat der Eigentümer fristlos gekündigt. Als Grund wird genannt: Der Bundesgerichtshof hätte in einer Grundsatzentscheidung über Salvatorische Klauseln in Mietverträgen einige Klauseln für unwirksam erklärt. Und der Eigentümer glaubt, dass nun der ganze Vertrag neu geschlossen werden muss. Zum Verständnis: Salvatorische Klauseln besagen, dass bei einer fehlerhaften Vertragsbestimmung das gelten soll, was bei Vertragsabschluss gemeint gewesen war.

Durch die Dominanz eines Discounters geht die Vielfalt vor die Hunde. Und bald ist alles überall gleich.

REWE hat dann vom Eigentümer einen geänderten Vertrag mit rechtsgültiger Klausel angeboten bekommen. Und bei der Gelegenheit eine Mietsteigerung von 50 Prozent. REWE musste erstmal schlucken. 50 Prozent sind eine Ansage, aber Groß Borstel ist für einen Vollsortimenter mit Frischetheken (Fisch/Fleisch/Salate) und Bio-Angeboten sehr attraktiv. Rewe stimmte dem Änderungsbegehren des Vermieters zu.

Der Vermieter (der Name wurde uns von der Verwaltung nicht genannt) ließ sich Zeit mit der Antwort. Nach zwei Wochen wurde nachgefragt, so Sascha Stille, Expansionsleiter der REWE-Zentrale. Antwort des Vermieters: Lidl hat mehr geboten. Der Vertrag ist bereits abgeschlossen worden. Die Kündigung ist rechtskräftig.

Nein, meinte nun REWE und klagt. Die Kündigung des gesamten Vertrages sei unwirksam. Der Prozess wird in den kommenden Monaten terminiert werden. Solange herrscht Ungewissheit, ob REWE bleiben darf oder ob Groß Borstel mit Lidl vorliebnehmen muss.

Lidl gibt es bereits in der Alsterkrugchaussee und an der Kollaustraße. Lidl ist kein Vollsortimenter, hat also keine Frischetheken und verkauft Fleisch, Fisch und Salate in Plastikverpackungen. Groß Borstel ist mittlerweile umzingelt von Lidl.

Und für die Stadtteilentwicklung sind solche Märkte eine Katastrophe. Sie kannibalisieren den Facheinzelhandel in den Stadtteilzentren. Die Abwanderung von Einzelhandelsläden aus den Zentren ist die Folge. Schlecht für alle, die nicht extra ins Auto steigen wollen oder können, um für den täglichen Bedarf einzukaufen.

Selbst die Neuansiedlung des Aldi-Marktes in der Borsteler Chaussee, der ja umgebaut werden soll, könnte durch Lidl gefährdet werden. Denn was kann schon ein relativ kleiner Aldi-Markt gegen die großflächige Konkurrenz von Lidl ausrichten?

Uwe Schröder