NANU – DAS VERSTEHE ICH NICHT!

MARTIN BOETTCHER (53)

Martin Boettcher ist der Mann, der sich hinter dem „Nanu“ verborgen hat. In der kleinen Rubrik „Nanu – das verstehe ich nicht!“ hat er oft hintersinnige, teils etwas verschrobene und nicht selten auch spezialhumoristische Ansichten über das Alltagsleben in Groß Borstel verbreitet. Und nun scheidet er – leider – aus dem Boten-Team aus. Seine Arbeit am Boten übergibt er an Gabriela Tobler und Dorit Groote von MINTvision. Höchste Zeit also, Martin Boettcher einmal zu porträtieren. „Martin, Du hast dem Boten sein heutiges Gesicht gegeben, das sich mit seiner durchaus eigenwilligen grafischen Sprache wohltuend von den anderen Zeitungen und Zeitschriften der Bürgervereine Hamburgs abhebt. Wie bist Du überhaupt zur Grafik gekommen?“
„Ursprünglich wollte ich Drucker lernen und wollte eine Lehre zum Kupfer- und Kunstdrucker bei Hartmut Frielinghaus beginnen, dem Drucker, der maßgeblich für den Hamburger Künstler Horst Janssen gedruckt hat. Ich wollte Kunstdruck lernen, da in diesem Bereich des Drucks die Zusammenarbeit mit den Künstlern sehr eng und geprägt vom steten Austausch ist. Zudem faszinierte mich, dass in dem Chaos einer Druckerei, die mit Fett und Druckerschwärze oft schmutzig ist, etwas sehr Sauberes entstehen kann. Beispielsweise ein Buch oder ein Kunstdruck. Kunst hat mich immer begeistert, und das ist auch der Motor für meine Arbeit. Ich habe als angelernter Drucker später Kommunikationsdesign studiert. Aber bei der Kunst beziehungsweise beim Kunstdruck bin ich bis heute geblieben. Mit einem Studienkollegen produziere ich zweimal im Jahr für das renommierte Münchener Kunstauktionshaus Ketterer einen aufwändig gestalteten Auktionskatalog von immerhin 1200 Seiten Umfang. Das sind dann immer vier Wochen Dauereinsatz und auch Stress, andererseits ist es für mich lehrreich, weil zu dem Katalog über die zu versteigernden Werke interessante kunsthistorische Texte geliefert werden, zum Beispiel über Ernst Ludwig Kirchner, Emil Nolde oder Alexej von Jawlensky, dessen Porträts mich besonders begeistern. Ich lerne bei jedem Auftrag dazu.“
Martin Boettcher, er legt wert auf die Schreibweise mit „oe“, wuchs im Landkreis „Uelzen“ auf und dort in der Gemeinde Suderburg. Gelegentlich besucht er den Ort noch, denn ein befreundeter Maler lebt dort. „Ich mag das Prinzip Land. Ich verspüre auch eine gewisse Sehnsucht nach Land. Ich genieße die Langsamkeit auf dem Land. Dem Grunde nach bin ich ein langsamer Mensch.“
Langsam, dafür aber mit einem ausgeprägten Blick auf Details und Besonderheiten.
„Diesen Blick auf die Details habe ich als Kind bekommen, und zwar wegen zahlreicher Kirchen- und Kathedralenbesuche meiner Eltern in den Sommerferien, auf Reisen nach Frankreich oder Spanien.“ Klein-Martin fand die Besuche in Kathedralen grottenlangweilig, und während seine kunsthistorisch beflissenen Eltern diskutierend vor irgendwelchen Gemälden oder Statuen kostbare Ferienzeit vernichteten, begann Martin in der Kirche selbst auf Entdeckungsreise zu gehen. Was bedeuten die Kritzeleien der Bildhauer auf den Rückseiten? Warum tragen die Märtyrer ihre Marterwerkzeuge immer in der linken Hand? Martin begann, auf Kleinigkeiten zu achten. „Ich betrachte bedächtig, aber wohl genauer“. Bei dieser mentalen Grundausstattung scheint der Grafikerberuf eine gute Wahl zu sein.
„Und was fasziniert dich an der Stadt?“ – „Die Verfügbarkeit und die Zufälligkeit. Die Stadt ist für mich ein Füllhorn an Überraschungen.“
“Was würdest Du an Groß Borstel verändern?“ – „Der Schnitt durch die Mitte muss weg, genannt Borsteler Chaussee. Man sieht auf den alten Fotos, wie es sein könnte. Dort war die Borsteler Chaussee eine Kopfsteinpflasterstraße mit zwei Baumreihen. Die Menschen trafen sich dort, flanierten an der Straße entlang. Heute kann man sich dort nicht aufhalten. Die Straße trennt. Es gibt die eine und die andere Seite. Sogar der Wochenmarkt buckelt sich wie eine Schildkröte gegen die Straße.“
Dem Kommunalverein misst Martin Boettcher eine wichtige Mittlerrolle zu. „Er ist wie ein Katalysator zwischen Entscheidern und der Bevölkerung des Stadtteils. Mal in die eine, mal in die andere Richtung. Dem Verein gelingt es, die Bevölkerung beispielsweise bei Rise mit ins Boot zu holen, was manchmal nicht einfach ist.“
Martin Boettcher bleibt dem Kommunalverein erhalten. Er arbeitet im erweiterten Vorstand und wird unsere neue Grafikerin unterstützen. Wir wünschen ihm weiterhin eine glückliche Hand bei der Arbeit, viel Spaß und Entspannung bei abgefahrener Musik (Norwegischer Jazz, Space Rock) und einen guten Blick auf die wichtigen Details.

Text, Foto: Uwe Schröder