DER BOTE DER GUTEN NACHRICHTEN

Jens-Udo Meyer-Osterhof

„Ihr habt Jens-Udo vergessen!“, beschwert sich Postzusteller Bernd Höhne beim Autor dieser Zeilen. Und der leitet die Beschwerde gleich an die Vereinsvorsitzende weiter. „Nein, habt ihr nicht“, meint die Vorsitzende. Im letzten Boten hat sie in ihrem Jahresbericht die Vorstandsmitglieder vorgestellt. „Aber ihr könnt Udo doch mal im Boten vorstellen?“ – „Ja, natürlich. Machen wir.“

Und Udo hat tatsächlich Zeit für ein Interview. „Am Samstagnachmittag. Vormittags muss ich noch den Märzboten austragen.“ Vom Botenaustragen, daher kennen wir ihn. Udo, wie wir ihn alle nennen, heißt eigentlich Jens-Udo Meyer-Osterhof, und er ist der Boten-Austräger. Zuverlässig wie ein Uhrwerk, bei Wind und Wetter – Udo bringt den Boten in die Briefkästen.

Alle Haushalte in Groß Borstel werden mit unserer Dorf-Postille bedacht und auch die Firmen, damit die Angestellten neben ihrem stressigen Job auch mal was Nettes zu lesen bekommen. In der Pause, versteht sich.

Udo auf dem Fahrrad, hinten im Gepäckkorb ein Stapel frisch gedruckter Borstel-News, bei Regen oder Schnee auch gerne mit Pudelmütze bewaffnet, so kennen wir ihn, unseren Udo. Immer ein freundliches Lächeln parat. Man grüßt fröhlich, wenn man Udo sieht. Denn Udo ist der Bote mit den guten Nachrichten.

Er wohnt gleich gegenüber in der Brückwiesenstraße, ich sehe ihn immer, wenn ich mit der Redaktionsarbeit beschäftigt bin und vom Schreibtisch aufsehe. Und er wohnt dort fast schon immer.

Geboren ist Udo Ende April, als der zweite Weltkrieg in den letzten Zügen lag. Udos Vater war Kaufmann bei der DEA, die Familie wohnte in der Magdalenenstraße zur Untermiete. Udos Großvater betrieb dort in der Nähe ein Blumengeschäft, am Mittelweg.

Und er pendelte zwischen Geschäft und seinem Schrebergarten in Niendorf regelmäßig durch die Brückwiesenstraße. Dort sah er auf dem Weg, dass eine Doppelhaushälfte zu verkaufen war. Nicht zu den Unsummen, wie sie heute fällig werden, Udos Vater schlug ein und kaufte das Haus 1953. Zu der Zeit war Udo gerade sieben Jahre alt und etwas kränklich. Er musste zuvor häufig an die Nordsee verschickt werden, denn er litt an Bronchitis. Die Ärzte rieten der Familie, ins Grüne zu ziehen. Da kam das neue Haus im grünen Groß Borstel gerade recht. Auch für Udo. Er wurde prompt gesund in Groß Borstel.

Udo kam zunächst in die Schule Marienruh, zwei Jahre später in die Schule Brödermannsweg, die heutige Carl-Götze-Schule. Danach absolvierte er noch die Handelsschule. Er sollte, wenn es nach dem Willen des Vaters gegangen wäre, Kaufmännischer Angestellter werden.

Schließlich machte er eine Ausbildung, wurde aber beim Gerhard-Falk-Verlag Kartograph (Branchenbucheintrag 1945: Kartographie, Navigationssysteme, Flottensteuerungslösungen).

Der Job endet Jahrzehnte später jäh mit dem Eintritt von Alexander Falk in die Firma, dem Sohn des Unternehmensgründers. Der hielt nicht viel von dem Kartographiegeschäft seines Vaters, und er verkaufte an die britische Ision Internet AG für stolze 812 Millionen Euro – dank geschönter Bücher. Falk wurde wegen Betrug und Bilanzfälschung verurteilt. Die Mitarbeiter des Verlages wurden entlassen. Auch Udo war seinen Job 1997 los.

Bis zum Renteneintritt fand Udo Arbeit als Angestellter in der Haushaltswarenabteilung der Metro in der Papenreye – viele kennen ihn vielleicht schon aus dieser Zeit. Die meisten kennen ihn aber über den Borsteler Boten, den er seit 2011 Monat für Monat bis in die Briefkästen liefert.

Übrigens Briefkästen: Um an die Briefkästen von den großen Mehrfamilienhäusern zu kommen, muss man sich gut stellen mit den Briefträgern. Wenn die ihre Runde machen, ist Udo dabei und liefert on Top den Boten – seit Kurzem unterstützt durch Greta Boettcher, Tochter des Boten-Grafikers und ihrer Freundin Amelie.

Lieber Udo, wir danken dir sehr für deine Arbeit, und wir hoffen, dass du möglichst lange unser Bote bleiben kannst.
Uwe Schröder

Ein Nachfolger für Udos graue Pudelmütze: Die Mütze der DETROIT RED WINGS, auf der ein Rad mit den Flügeln des Götterboten Hermes prangt.