Vögel in Groß Borstel

Die Schwalben

In der August-Ausgabe des Groß Borsteler Boten hatten wir über den Mauersegler geschrieben und in dem Zusamenhang erwähnt, dass manche sein Flugbild mit dem der Schwalben (Hirundinidae) verwechseln. Da liegt es nahe, nun auf diese Vogelfamilie näher einzugehen, die zur Unterordnung der Singvögel (Passeri) in der Ordnung der Sperlingsvögel (Passeriformes) gehört.

In Deutschland leben vier Schwalbenarten: Mehlschwalben, Rauchschwalben, Uferschwalben und Felsenschwalben. Letztere sind an dieser Stelle zu vernachlässigen, da sie in Deutschland nördlich der Alpen nur im Hochschwarzwald als Brutvögel vorkommen. Seeschwalben und Mauersegler gehören nicht zur Familie der Schwalben.


Die Mehlschwalbe

Die Mehlschwalbe
Abgesehen von anderen Arten, die während der Zugzeiten zu beobachten sind, treffen wir in Groß Borstel am ehesten auf die Mehlschwalbe, die hier einige wenige Brutstätten hat. Darüber hinaus findet sich unter den Alsterarkaden in der Innenstadt jedes Jahr eine große Brutkolonie. Denn als Kulturfolger bauen Mehlschwalben ihre Nester bevorzugt in menschlichen Siedlungen an senkrechten Wänden, unter natürlichen oder künstlichen Überhängen wie Felsvorsprüngen, Dachtraufen, Toreinfahrten oder Arkaden. Dabei sind die Nester oft so dicht aneinander gebaut, dass sie sich an ihrer Basis berühren. Für den Nestbau verwenden Mehlschwalben lehmhaltige Erdklumpen, die sie mit ihrem als Klebstoff wirkenden Speichel vermengen.

Mit einer Körperlänge von etwa 13 cm und einer Flügelspannweite von 28 cm ist die Mehlschwalbe kleiner und auch etwas schlanker als ein Sperling. Ihr Kopf, der Rücken, die Flügeloberseite und der Schwanz sind blauschwarz.

Im Kontrast dazu zeigt die gesamte Körperunterseite und der Bürzel eine rein- bis mehlweiße Färbung. Auch die kurzen Beine sowie die Füße sind weiß befiedert. Im Vergleich zur Rauchschwalbe ist der Schwanz weniger stark gegabelt.

Die Rauchschwalbe

Die Rauchschwalbe
Wie die Mehlschwalbe gilt auch die Rauchschwalbe als Kulturfolger. Allerdings lebt sie nicht im städtischen sondern eher im ländlichen Bereich nahe beim Menschen. Im Gegensatz zur Mehlschwalbe kleben diese Vögel ihre Nester nicht an sondern in Gebäude. Dementsprechend finden sich ihre „Bauwerke“ zum Beispiel in Carports, landwirtschaftlichen Schuppen,Viehställen und Scheunen.
Die sehr schlanke Rauchschwalbe ist etwa 19 bis 22 cm lang, hat eine Flügelspannweite von 32 bis 34,5 cm und einen bis zu sieben Zentimeter langen, tief gegabelten Schwanz. Ihre gesamte Rücken- und Flügeloberseite zeigt sich metallisch glänzend blau-schwarz, ihre Körperunterseite rahmweiß. Auffälligstes Unterscheidungsmerkmal zu anderen Schwalbenarten: ihr kastanienbraunes, schwarz umrahmtes Gesicht.

Die Uferschwalbe

Die Uferschwalbe
Mit einer Länge von 12 bis 13 cm und einer Flügelspannweite von 28 cm stellt sich die Uferschwalbe als kleinste europäische Schwalbenart vor. Ihr kurzer Schwanz ist zwar gegabelt, aber nicht tief. Die Körperoberseite und Flügel sind matt graubraun, Brust und Bauch weiß mit einem graubraunen Brustband. Uferschwalben gelten als sehr gesellig. Sie schließen sich auch abseits der Brutgebiete zu Trupps und sogar Schwärmen zusammen. Uferschwalben-Paare graben mit Schnabel und Krallen knapp einen Meter lange Bruthöhlen in festsandige oder lehmige Steilufer und Abbruchkanten an Flüssen, Seen oder auch Abgrabungen. Was eine Brut in Groß Borstel ausschließt. Hingegen gibt es Brutvorkommen in den Stadtteilen Altenwerder und Moorburg.

Für alle Schwalben charakteristisch ist ihre Anpassung an die Jagd auf Fluginsekten in der Luft. Durch bei gutem Wetter aufsteigende warme Luftmassen erhöht sich auch die Flughöhe der Insekten. So lässt sich aus der Flughöhe der Schwalben auf die der Fluginsekten und damit auf das Wetter schließen. Da im Winter in Nord- und Mitteleuropa die Zahl der kleinen Beutetiere erheblich sinkt, müssen Schwalben rechtzeitig in Richtung Süden ziehen. Den Herbstzug treten Mehlschwalben und Uferschwalben Ende August/Anfang September an. Dabei sammeln sich Mehlschwalben bis Ende September in Süddeutschland, um dann den langen Flug nach Afrika anzutreten. Rauchschwalben starten etwas später, etwa zwischen Mitte September und Mitte Oktober, Richtung Afrika. Alle drei Schwalbenarten kehren zwischen April und Mai in ihre Brutgebiete zurück.

Rauch- und Mehlschwalbe gehören zu den häufigsten Schwalbenarten. Allerdings gibt es in Deutschland mit je etwa 700.000 Brutpaaren nur noch halb so viele dieser Vögel wie vor 30 Jahren. Damit stehen beide Arten in der Vorwarnliste der gefährdeten Vögel. Gründe für diesen Rückgang sind das Insektensterben, die durch die Klimakrise bedingte Trockenheit in den Überwinterungsgebieten, Extremwetterereignisse auf dem Zug und die Tatsache, dass die Schwalben immer weniger Nistmöglichkeiten finden, weil im Zuge von Renovierungen Einflugöffnungen verschlossen werden oder bei Neubauten gar nicht erst vorhanden sind. Deshalb werden Gebäude mit vorhandenen und erhaltenen Nistplätzen für Schwalben im Rahmen einer NABU-Aktion per Plakette als „Schwalbenfreundliches Haus“ ausgezeichnet.

Rauchschwalben und Mehlschwalben gehören zur Kategorie der besonders geschützten Arten, deren Nester gemäß § 44, Abs. 1, Nr. 3 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (BNatSchG) nicht zerstört werden dürfen. Dementsprechend ist es Hausbesitzern, die eine Verschmutzung der Fassade durch Kot aus Schwalbennestern befürchten, untersagt, diese zu zerstören. Alternativ sollten sie darunter ein Brett anbringen, dessen Abstand zu den Nestern mindestens 50 cm betragen muss, damit Räuber die Gelege nicht erreichen können.

Da Mehlschwalben auf den vielen versiegelten Flächen kein Baumaterial, keinen Lehm mehr finden, stellen im Handel erhältliche Kunstnester oder das Anlegen kleiner Lehmpfützen eine wertvolle Hilfe für die Vögel dar.

Das Sprichwort „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“ ist in Deutschland seit dem Mittelalter geläufig und hat seinen Ursprung in der Fabel „Der verschwenderische Jüngling und die Schwalbe“ des griechischen Dichters Äsop (um 600 v. Chr.). In dieser macht ein verschwenderischer junger Mann, nachdem er eine Schwalbe sieht, auch seinen letzten Mantel zu Geld. Selbst frierend entdeckt er später die erfrorene Schwalbe und macht ihr bittere Vorwürfe, dass sie ihn ruiniert habe. Heute bedeutet das Sprichwort, dass man aus einem einzelnen Ereignis keine voreiligen Schlüsse ziehen sollte.

Es stimmt, eine Schwalbe macht noch keinen Sommer – aber jede Schwalbe macht den Sommer noch ein bisschen schöner!
Text und Fotos: Michael Rudolph

Die Rasenschwalbe