VÖGEL IN GROSS BORSTEL

Die Meisen

Hast du ’ne Meise? Na klar habe ich eine! Denn wohl jeder von uns in Groß Borstel und Umgebung hat eine Meise – oder sogar mehrere dieser lebhaften Vögel. Zum Beispiel in seinem Garten, Vorgarten, Schrebergarten, Lieblingspark oder auf dem Balkon. Insbesondere wenn er im Winterhalbjahr oder sogar ganzjährig Vogelfutter anbietet.

Wie häufig diese Tiere vorkommen, belegen Ergebnisse von Vogelzählungen. So auch eine vom NABU, an der bundesweit 140.000 Menschen teilnahmen und die im Rahmen der diesjährigen „Stunde der Gartenvögel“ im Mai 2021 vorgestellt worden ist. Dabei landete die Kohlmeise auf dem ersten und die Blaumeise hinter der Amsel auf dem dritten Platz der am häufigsten vorkommenden Vogelarten in Hamburg. Insofern dürfte wirklich jeder diesen beiden Meisenarten bereits begegnet sein.

Kohlmeisen und Blaumeisen gehören, wie auch die weitaus selteneren Haubenmeisen, Tannenmeisen, Sumpfmeisen und Weidenmeisen, zur Ordnung der Sperlingsvögel, zur Unterordnung der Singvögel. Sie bilden hier auf der Grundlage aktueller genetischer Untersuchungen die Familie der „echten“ Meisen. Hingegen gehören folgende Vögel, obwohl sie „Meise“ im Namen tragen, dieser Familie nicht an: die ebenfalls in unseren Gärten anzutreffenden Schwanzmeisen und die auch Spechtmeisen genannten Kleiber. Darüber hinaus die in Schilfwäldern lebenden Bartmeisen und die an Gewässern und Sumpfgebieten vorkommenden Beutelmeisen.

Sehen wir uns die Familie der „echten“ Meisen etwas näher an:

Die Kohlmeise ist die größte europäische Meisenart. Sie lässt sich an ihrer etwas plumpen Körperform, dem „kohlschwarzen“ Kopf mit weißem Wangenfleck, der gelblichen Brust und dem sehr auffälligen schwarzen Längsstreifen vom Kopf über die Brust bis zum Bauch – beim Männchen deutlich ausgeprägter als beim Weibchen – gut erkennen. Der Rücken ist grünlich, die Flügeldecken blaugrau mit einer schmalen weißen Binde.

Kohlmeise
Blaumeise

Kohlmeisen sind wenig scheu. Dementsprechend kommen sie im Winter an die Futterstellen oder sogar auf die Futter anbietende menschliche Hand. Sie brüten in Baumhöhlen, nehmen aber auch gerne Nistkästen an, die sie mit weichen Materialien auspolstern.
Auch die kleinere Blaumeise ist unverwechselbar. Dafür sorgen ihr hellblaues Schädeldach mit umlaufendem weißem Rand, die blauen Flügel- und Schwanzfedern, die leuchtend gelbe Brust und die kompakte Gestalt mit kleinem Kopf und kleinem Schnabel. Die Männchen unterscheiden sich von den Weibchen nur durch ihre etwas lebhafteren Farben.

Blaumeisen sieht man häufig in Bäumen nach Insekten suchen, wobei sie oft kopfüber an dünnen Zweigen hängen. Der Vogel nistet ebenfalls gerne in Baumhöhlen, Mauerspalten und Nistkästen. Tragischerweise erkrankten und starben in Deutschland seit März 2020 zehntausende Blaumeisen durch das Bakterium Suttonella ornithocola. Dieses stellt für Menschen und Haustiere keine Gefahr dar, verursacht aber bei Meisen Lungenentzündungen. Deswegen ist es wichtig, Futterstellen sauber zu halten und das Wasser in Tränken täglich zu wechseln.

Haubenmeise
Tannenmeise


Zum Glück erholt sich die Population inzwischen wieder. So belegt die aktuelle Zählung im Rahmen der „Stunde der Gartenvögel“ einen Anstieg der Blaumeisen-Population in Hamburg um 26 Prozent gegenüber dem Frühjahr 2020.

Auch wenn Kohl- und Blaumeisen die häufigsten Gäste in unseren Gärten und Parks sind, lohnt immer ein zweiter Blick. Denn vielleicht handelt es sich bei dem beobachteten Vogel um eine der folgenden, weniger häufigen Meisenarten.

Die blaumeisengroße Haubenmeise lässt auf den ersten Blick erkennen, weshalb sie ihren Namen trägt. Denn den ansprechend schwarz-weiß gemusterten Kopf ziert eine unübersehbare, dreieckige und nach oben spitz zulaufende graue Federhaube, die zwar unterschiedlich hoch aufgerichtet werden kann, aber stets sichtbar bleibt.

Die Oberseite des Körpers ist bräunlich, die Unterseite schmutzig-weiß und die Flanken sind hellbraun gefärbt. Die Haubenmeise bevorzugt Nadelwälder, brütet in Fichten- und Kiefernbeständen und hackt gerne schmale Bruthöhlen in morsche Stämme oder Baumstümpfe.
Die Tannenmeise ähnelt der Kohlmeise, ist aber deutlich kleiner und farbloser. Sie hat ebenfalls einen schwarzen Kopf mit weißen Wangenflecken. Anders als die Kohlmeise weist sie zudem einen weißen Nackenfleck und auf den blaugrauen Flügeln nicht eine, sondern zwei weiße Binden auf. Statt gelb ist ihre Unterseite braunweiß gefärbt, und der schwarze Längsstreifen fehlt. Die Tannenmeise brütet dem Namen entsprechend in Nadelwäldern. Bevorzugt in Fichtenbeständen, wo sie Nester in Baumhöhlen oder auch gerne in Bodennähe unter Baumwurzeln oder in Erdlöchern und Felsspalten anlegt.

Die Sumpfmeise ähnelt stark der wesentlich selteneren Weidenmeise. Beide zeigen braune Flügeldecken, beigebraune Flanken und eine weißliche Brust mit einem schwarzen Kehlfleck. Von der Stirn bis zum Nacken zieht sich eine Kopfplatte, die bei der Sumpfmeise glänzend schwarz, hingegen bei der Weidenmeise mattschwarz ist. Während Sumpfmeisen sich Baumhöhlen für die Brut suchen, zimmern Weidenmeisen ihre Bruthöhlen selbst. Dabei bevorzugen sie morsches Holz oder Baumstellen, an denen Spechte schon vorgearbeitet haben. Aber Spechte stellen auch eine Gefahr dar, da sie mit ihren langen kräftigen Schnäbeln Jungvögel aus den Bruthöhlen ziehen. Anders als der Name vermuten lässt, leben Sumpfmeisen nicht in oder an Sümpfen. Sie bevorzugen feuchte Laub- und Mischwälder – genauso wie die Weidenmeisen, die aber gerne Birken, Weiden, Erlen und Pappeln dabeihaben.

Sumpfmeise

Doch worum handelt es sich bei der eingangs erwähnten „Meise im Kopf“? Einem Menschen zu unterstellen, dass er „eine Meise (unterm Pony)“ oder „einen Vogel“ habe, bedeutet ja, dass man ihn beziehungsweise seine Ideen für närrisch hält oder meint, er sei nicht ganz bei Verstand. Diese Bedeutung ist auf eine Zeit zurückzuführen, in der der Glaube vorherrschte, dass im Kopf nistende Vögel Geisteskrankheiten verursachen. Und etwa um das Jahr 1800 herum entstand aus diesem Volksglauben die bekannte Redewendung. Das erklärt auch den Ursprung der Geste, sich mit dem Zeigefinger an die Stirn zu tippen, also jemandem „einen Vogel zu zeigen“. Diese verweist auf die Krankheit, die sich angeblich in dessen Kopf befindet. Statt des „Vogels“ eine „Meise“ zu haben, soll eine berlinerische Variante sein. Das ist aber nicht belegt. Ebenso wenig die Theorie, dass der Ursprung der „Meise im Kopf“ in dem jiddischen Wort „mases“, das „Untat“ bedeutet, liegt.

Eine andere Meisen-nahe Variante ist „Bei Dir piept’s wohl!“ Ich glaube, das fängt bei mir gerade an …
Deswegen schließe ich hier lieber.

Text und Fotos: Michael Rudolph