Vögel in Groß Borstel

Die Singdrossel

Die Singdrossel (Turdus philomelos) gehört – ebenso wie Amsel (auch Schwarzdrossel genannt), Ringdrossel, Misteldrossel, Wacholderdrossel und Rotdrossel – in der Familie der „Drosseln“ zur Gattung der „Echten Drosseln“.

Mit 22 cm Körperlänge ist sie etwas kleiner als eine Amsel und wirkt zudem kurzschwänziger sowie zierlicher. Männchen und Weibchen unterscheiden sich äußerlich nicht voneinander. Ihre Körperoberseiten zeigen sich einfarbig braun, die Unterseiten weisen auf weißem Grund dunkle, keilförmige Flecken auf, die an der Brust und den Flanken ockerfarbig unterlegt sind. Die dunkelbraunen Augen zeigen einen rahmfarbenen Ring. Die Beine sind hellrosa, der Schnabel ist schwarz mit einer hellen Basis. Während sich die Singdrossel einfach von der dunkelfarbigen Amsel unterscheiden lässt, besteht eine gewisse Verwechslungsgefahr mit der Misteldrossel, die jedoch mit einer Körperlänge von 26-29 cm deutlich größer sowie insgesamt heller ist, zudem nicht keilförmige sondern runde schwarze Flecken an Brust und Bauch aufweist und eine deutlich aufrechtere Haltung hat.

Auch an ihrem lauten und abwechslungsreichen Gesang ist die Singdrossel gut zu erkennen. Er besteht meist aus mehrsilbigen, deutlich voneinander abgesetzten Elementen, die zwei- bis dreimal, manchmal auch öfter wiederholt werden – zum Beispiel „tülip tülip tülip – tschidi-trü tschidi-trü tschidi-trü – didi didi didi“.

Singdrosseln kommen mit Ausnahme von Island und den südlichen Mittelmeerregionen in ganz Europa vor. In die Gärten Hamburgs wanderte die Art ab Anfang des 20. Jahrhunderts ein. Während es in den 1980er Jahren zu deutlichen Bestandsrückgängen gekommen war, sind die Bestände in Hamburg wie im Umland in den letzten 20 Jahren stabil. Sie werden in Hamburg auf 5.100 und in Deutschland auf fast 2 Millionen Brutpaare geschätzt.

Singdrosseln brauchen mehr Versteckmöglichkeiten als Amseln und halten sich gerne in dichtem Unterholz auf. Sie kommen in Hamburg fast flächendeckend vor und bevorzugen für die Brut Nadelwälder, Grünanlagen, hier vor allem den ungestörteren Ohlsdorfer Friedhof aber auch den Stadtpark, das Eppendorfer Moor und die Gartenstadt.

Ebenso wie die Amsel sucht die Singdrossel ihre Nahrung auf dem Boden. Dabei bewegt sie sich sehr schnell und bleibt wiederholt ruckartig stehen. Ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus Regenwürmern, Insekten und Beeren. Auch Schnecken, bevorzugt Gehäuseschnecken, sind ein wichtiger Bestandteil ihres Speiseplans. Um an das Schneckenfleisch zu gelangen, zertrümmert der Vogel die Schneckengehäuse auf einem Stein, der sogenannten Drosselschmiede.

Singdrosseln sind größtenteils Zugvögel, die zwischen August und November in ihre überwiegend mediterranen Überwinterungsquartiere ziehen. In milden Wintern lassen sich auch weniger weite Züge und zunehmend Überwinterungen in Mitteleuropa beobachten. Der Heimzug beginnt meist Anfang Februar, erreicht seinen Höhepunkt im März, kann sich aber bis Ende April ausdehnen.

In der Zeit von April bis Juli zieht die Singdrossel bis zu drei Bruten groß. Dafür werden die stabilen Nester aus Gras und Laub gut versteckt in die Astgabeln von Laub- und Nadelbäumen gebaut. Die Nestmulde kleidet der Vogel mit feuchtem Holzmulm aus. Nahezu ausschließlich das Weibchen bebrütet zwei bis fünf hellblaue Eier zwölf bis 14 Tage lang. Die Jungen schlüpfen gleichzeitig und werden als Nesthocker noch 14 Tage von beiden Elterntieren gefüttert. Aber auch nach dem Verlassen des Nestes versorgen Vater- und Muttertier die Jungen noch eine Zeit lang mit Nahrung.

Singdrosseln haben eine Lebenserwartung von etwa 10 Jahren. Das höchste bekannte Alter konnte nach Auswertung einer Beringung auf 18 Jahre und sechs Monate festgelegt werden.

Die Singdrossel-Population erleidet Verluste nicht nur durch ihre natürlichen Feinde wie Sperber, Falken, Marder, Elstern und Katzen, sondern auch durch die Jagd, da der Vogel in fast allen südeuropäischen Ländern geschossen werden darf.

Zu guter Letzt darf unter den vielen Drosselarten die „Schnapsdrossel“ nicht vergessen werden: Wenn von einer (alten) „Schnapsdrossel“ die Rede ist, also einer dem Alkohol stark zusprechenden Person, so hat diese so gar nichts mit dem Singvogel zu tun. Denn diese scherzhafte Bezeichnung rührt vielmehr von der Drossel als waidmännische Bezeichnung für die Kehle her. Somit ist auch der Ausdruck „erdrosseln“, also jemandem gewaltsam die Kehle zuschnüren, erklärt.

Schließlich sei nicht verschwiegen, dass auch der Gesang der Schnapsdrossel nicht annähernd so harmonisch klingt wie der der Singdrossel…

Text und Fotos:

Michael Rudolph