PERSÖNLICH GESEHEN: Ulf Bittner (53)

Mit vielen Jahren erzieherischer Erfahrung im Gepäck hat Ulf Bittner vor einigen Jahren die verantwortungsvolle Aufgabe übernommen, 18 traumatisierte Kinder und Jugendliche bei uns in Groß Borstel in ein Leben in unserer Gemeinschaft zu führen und zu begleiten.

GBB: Lieber Herr Bittner, uns fällt keiner ein, der nicht augenblicklich den Hut vor Ihnen und Ihrer Aufgabe ziehen würde. Wie sind Sie dazu gekommen, hier in Groß Borstel die Pädagogisch Betreuten Wohngruppen zu leiten?

U.B.: Seit 1991 arbeite ich für den Jugendhilfeträger Landesbetrieb Erziehung und Beratung in Hamburg. Und vor ein paar Jahren durfte ich die Aufgabe übernehmen, hier in Groß Borstel die zunächst 18 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aus Kriegsgebieten zu betreuen und zu versorgen. Heute kommen nur noch wenige minderjährige Flüchtlinge ohne Eltern in Hamburg an, so dass wir eines unserer zwei Häuser mit jeweils neun Betten für Hamburger Kinder und Jugendliche im Alter von fünf bis 16 Jahren, die unsere Hilfe benötigen, nutzen können. Als Leiter bin ich in erster Linie Ansprechpartner für meine insgesamt vierzehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. So ist vor allem gegenüber meinem Team der Hut zu ziehen. Denn nicht immer stellen sich erzieherische Erfolge im erhofften Tempo ein. Es bedarf einer hohen Frustrationsgrenze und viel Ausdauer.

GBB: Welches sind die Dinge, die Ihren Schützlingen am meisten fehlen?

U.B.: Zunächst einmal müssen fast alle 18 Mädels und Jungs wieder lernen, Erwachsenen zu vertrauen, Regeln einzuhalten und Verantwortung übernehmen. Zum Beispiel für ganz alltägliche Dinge, wie den Tisch zu decken oder die Geschirrspülmaschine einzuräumen, aber auch die Hausaufgaben für die Schule zu erledigen.

GBB: Und in welchem Kontakt stehen die Wohngruppen-Mitglieder zu den anderen Groß Borstelern?

U.B.: Unsere Kinder sind auf den öffentlichen Spielplätzen, in den hiesigen Supermärkten oder auch auf dem Fußballplatz des SV Groß Borstel anzutreffen. Und zwei von ihnen sind auch Mitglieder bei der Freiwilligen Feuerwehr hier im Stadtteil. Des Weiteren suchen wir für die schulpflichtigen Kinder nach der Integrationsschule Plätze hier in der örtlichen Grundschule, genauso wie Kita-Plätze für die Kleineren.

GBB: Gibt es eigentlich etwas, was wir Groß Borsteler für die beiden Wohngruppen Gutes tun können?

U.B.: Na ja, für einige meiner Jungs und Mädels benötigen wir Pflegefamilien oder Privatvormünder. Das wäre natürlich großartig, wenn sich der eine oder andere Leser bzw. die eine oder andere Leserin diesbezüglich dazu bereiterklären würde. Bei Interesse oder Nachfragen wenden Sie sich bitte gern an die zuständigen Jugendämter.

GBB: Und wie sorgen Sie für sich ganz persönlich am Feierabend für Abstand von Ihren verantwortungsvollen Aufgaben?

U.B.: Ich spiele und trainiere engagiert im TV Lokstedt Volleyball und erfreue mich täglich an meiner Patchwork-Familie hier in Niendorf und Amerika.

GBB: Und was sind Ihre drei persönlichen Wünsche an unsere Fee?

U.B.: Zu allererst wünsche ich mir für mich und für meine 18 Kinder und Jugendlichen, dass die Wohngruppen sich gut in Groß Borstel integrieren mit guten nachbarschaftlichen Beziehungen und einer guten Zusammenarbeit mit den Kitas, Schulen und Betrieben des Stadtteiles. Mein zweiter Wunsch betrifft die allgemeine Toleranz. Ich wünsche mir, dass ganz generell Außenseiter der Gesellschaft besser integriert werden und außerdem wünsche ich mir, dass die Arbeit als Erzieherin oder Erzieher eine größere gesellschaftliche Anerkennung erfährt.

GBB: Herzlichen Dank, lieber Herr Bittner!

Interview: Marion Liebermann | Foto: Christian Fraude. www.christianfraude-fotografie.de