Percussion und mehr im Jakob-Junker-Haus

Am 15.09.17 wurde am Eingang des Jakob-Junker-Hauses ein roter Teppich ausgerollt. Wer waren die VIPs? Es waren zahlreiche Bewohner des Hauses, etliche MitarbeiterInnen und viele, viele Freunde des Hauses und Gäste. Auf sie wartete ein besonderer, außergewöhnlicher Abend im großen Saal des Hauses.


Der Verein „Art des Lebens“ hatte diesen „Abend der Begegnung“ vorbereitet und führte auch durch das Programm. Ein Schwerpunkt des Abends lag auf der Musik. Der Schlagzeuger und Rhythmus-Coach Stefan Weinzierl hatte an 2 Nachmittagen mit Bewohnern des Hauses und weiteren Interessierten einen Percussion-Workshop durchgeführt, dessen Ergebnis aufgeführt wurde. Alle möglichen Alltagsgegenstände wurden zu Klangkörpern gemacht und sehr eindrucksvoll und begeisternd musizierte die Gruppe miteinander. Es brachte allen sichtlich Spaß, auf Fässern aus Kunststoff, Plastikflaschen, Blechkanistern und anderen Gegenständen im gemeinsamen Rhythmus zu trommeln. Stefan Weinzierl gab anschließend eine professionelle Kostprobe seines Könnens und im weiteren Verlauf des Abends trat die sympathische Sängerin San Glaser als Solistin auf und sang jazzige Songs, aber auch Folkloristisches und Popiges.


In erster Linie ging es an diesem Abend aber darum, dass für die Gäste die Komfortzone einer gesicherten Existenz mehrfach infrage gestellt wurde, indem sie aufgefordert waren, sich mit den Lebensgeschichten einiger Bewohner des Jakob-Junker-Hauses auseinanderzusetzen und für kurze Zeit deren Perspektive einzunehmen.


Jo wohnt im JJH. Mit 13 Jahren wurde er in Angola zum Kindersoldaten gedungen. Granatsplitter in den Beinen führten ihn seitdem häufig ins Krankenhaus, in Angola und auch in Deutschland. Sie waren auch die Ursache für Arbeitslosigkeit, Wohnungsverlust und schließlich Obdachlosigkeit. Im Jakob-Junker-Haus wohnt Jo in einer Wohngruppe und kocht begeistert in der Kochgruppe mit.


Dominic kennt seinen Vater nicht und verlor früh seine Mutter. Mit Pflegefamilien und Heimaufenthalten wollte es nie so richtig klappen – mit 16 lebte Dominic auf der Straße. Er schafft es, dennoch zur Schule zu gehen, versteckt seine Obdachlosigkeit, weil er sich schämt, putzt sich die Zähne in der Jungstoilette vor dem Unterricht, „weil mir Hygiene immer sehr wichtig war“. Dominic hat den Weg aus der Obdachlosigkeit herausgefunden, machte sein Abitur nach und verarbeitet seine Erfahrungen in literarischen Texten, die jetzt im Herbst sogar in Buchform veröffentlicht werden.


In Interviews hörten die Gäste an diesem Abend mehrere Lebensgeschichten von Bewohnern des JJH, so authentisch und wahrhaftig, wie es nur in einer persönlichen Begegnung erfolgen kann.

Ein wunderbarer Kurzfilm über die Arbeit des Jakob-Junker-Hauses, seine Angebote der sozialpädagogischen Begleitung der Bewohner, das Angebot des „Borsteler Tisches“, an bedürftige Personen aus dem Stadtteil Lebensmittel auszugeben, rundete den Abend ab. Und ganz rund wurde der Abend, als nach gut zwei Stunden vor dem Eingang die Grillwürstchen serviert wurden, zubereitet von den MitarbeiterInnen des Hauses.

Ein herzliches Dankeschön an die Initiatoren dieses Abends, an die Leitung des Jakob-Junker-Hauses, Frau Maren Siewert, und an alle Beteiligten, Gäste, Mitarbeiter, Bewohner.

Wolf Lüders