Nachruf

Antje Thietz-Bartram

„Aus dem Füllhorn des Lebens“ lautet der Titel eines Ihrer Gedichtbände. Antje Thietz-Bartram hat tatsächlich in ihrem 96-jährigen Leben vieles erlebt, und aus diesem Vielen sprudelten unentwegt Gedichte und Geschichten. Wenn man sich mit Antje traf, war sie kaum zu stoppen. Ihre funkelnde Energie war bewundernswert, ebenso ihr Gedächtnis, das bei jedem Treffen wie ein dickes Buch erschien, durch das sie spielerisch blättern konnte und aus dem sie mühelos die eine oder andere Episode rezitieren konnte.

Jedes Jahr erschien ein Weihnachtsgedicht von Antje Thietz-Bartram im Groß Borsteler Boten. Sie schickte es mir oft schon im Oktober, sicherheitshalber, um den Redaktionsschluss nicht zu verpassen. Meistens klappte es auch mit dem Computer, seine Launenhaftigkeit war nicht ihr Freund. Und wenn nicht, dann konnten wir es abtippen. Antje Thietz-Bartram griff in einen Haufen von Manuskripten, lupfte das Original hervor und sagte: „Bring es mir zurück, wenn du es nicht mehr brauchst.“

Wenn man Antje besuchte, öffnete sie stets gut gekleidet. Sie führte in den Wintergarten. Es gab Tee, etwas Gebäck. Der Raum war gefüllt mit Büchern. An den Wänden, auf den Tischen. Bücher und Manuskripte. Das Licht strahlte auf Antje. Für jeden Fotografen wäre sie vor dieser Kulisse eine Freude gewesen, das Foto wäre jetzt schon ein Klassiker. Die Gedanken hasteten durch die Geschichten. Bücher wurden hervorgekramt und immer wieder Geschichten aufgeblättert. „Hier, das musst du mitnehmen. Das schenke ich dir“, sie drückte mir bei fast jedem Besuch eines ihrer Bücher in die Hand.

Recherchiert man über Antje Thietz-Bartram, dann erschließt sich eine Fülle von Veröffentlichungen. Zehn Bücher und hunderte Artikel und Gedichte erschienen unter Ihrem Namen. Sie schrieb mit eiserner Disziplin und Regelmäßigkeit, offenbar begleiteten Disziplin und Regelmäßigkeit ihr Leben.

Antje Thietz-Bartram wurde 1929 in Kiel geboren, verbrachte ihre Kindheit in Preetz. 1945 lernte sie Reiner Thietz kennen, den sie am 12.12.1952 heiratete und mit dem sie drei Kinder bekam. Ihr Jurastudium musste sie abbrechen, weil sich bei ihrem aus dem Krieg zurückgekehrten Vater 1953 mit Tuberkulose angesteckt hatte. 1958 zog die junge Familie nach Groß Borstel, zunächst in die Borsteler Chaussee, danach in die Stavenhagenstraße 11. Sie studierte später Literaturwissenschaft. Mit Dr. Reiner Thietz-Bartram war Antje Thietz-Bartram 63 Jahre verheiratet. Er verstarb am 21.02.2016. Dr. Andreas Schott, langjähriger Fraktionsvorsitzender der CDU in der Bezirksversammlung Hamburg-Nord, machte mich darauf aufmerksam, dass beide Eheleute nahezu gleich alt wurden; Antje lebte 29 Tage länger als ihr Mann.

In die CDU trat Antje Thietz-Bartram 1971 ein. Sie nahm an den Treffen der Partei teil, besonders, seit 1975 der Ortsverband Groß Borstel gegründet wurde.

Eine Leidenschaft von Antje Thietz-Bartram war neben dem regelmäßigen Bridgespiel der Chorgesang. Sie gehörte mehrere Jahrzehnte dem Chor der Kirche St. Johannes an und natürlich auch dem Singekreis des Kommunalvereins. Antje Thietz-Bartram war ehrenamtlich im Elternrat des Johanneums und im Hamburger Elternbund engagiert. Sie war im Vorstand des Schleswig-Holsteinischen Schriftstellerverbands tätig, und Mitglied und Schatzmeisterin der Hamburger Autorenvereinigung. 2016 wurde ihr die Ehrenmitgliedschaft der AGIWA (Anglo-German International Women’s Association, gegründet 1966) verliehen, deren Gründungsmitglied sie war. Zudem war Antje Thietz-Bartram Trägerin der Ehrennadel mit Band des Johanniter-Ordens.

Antje Thietz-Bartram ist am 11. April 2025 verstorben. Sie wird uns als beeindruckende Persönlichkeit in Erinnerung bleiben. Liebe Antje, der Abschied von dir fällt schwer.

Uwe Schröder

Foto © Ralf Plenz