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Henning Hammond-Norden und der Steinaltar im Herbstschen Park

Einer der Parks, die den Wandel Groß Borstels vom Dorf in einen Stadtteil Hamburgs überdauert haben, in verkleinertem Ausmaß natürlich, ist der Herbstsche Park an der Ecke Schrödersweg/Frustbergstraße. Er wird auch Falke-Park genannt.

Neben einer uralten Stieleiche, um 1770 gepflanzt, und dem Gustav-Falke-Denkmal hat der Park eine dritte Sehenswürdigkeit. Es handelt sich um einen großen Steinaltar. Er steht etwas zurückgesetzt im hinteren Teil des kleinen Parks. Wie kam der Altar dorthin? Das fragten wir hier vor zwei Ausgaben im Borsteler Boten. Ältere Groß Borsteler erinnerten sich noch, aber der Schöpfer des Kunstwerkes meldete sich auch selbst, der Bildhauer Henning Hammond-Norden. Der Altar kam vor 40 Jahren in den Herbstschen Park, als Stiftung des Künstlers. Der mächtige Stein entstand einst in der Eifel, in Mayen, und wurde erst einige Jahre später nach Hamburg gebracht, was nicht ganz einfach war.

Nach der Ausbildung zum Steinmetz besuchte Hammond-Norden von 1959 bis 1962 die Fachschule für Steintechnik in Mayen und wurde zum Steinmetzmeister und Steinbildhauermeister. In Mayen war auch der Steinkünstler Udo Weingart zuhause. Er rief dort später das „Lapidea“-Symposium ins Leben und lud andere Steinmetzkünstler dazu ein. Einige seiner Gäste wurden später sehr bekannt, wie der Japaner Yoshimi Hashimoto. Er ist heute Professor an der Universität der Künste in Berlin.

Beim dritten Lapidea-Symposium 1969 in Mayen schuf Henning Hammond-Norden im Verlauf von drei Wochen den fünf Tonnen schweren Basaltaltar, der heute in Groß Borstel zu bewundern ist. Das etwas sperrige Kunstwerk blieb zunächst in Mayen stehen, aber als Hammond-Norden in Groß Borstel ansässig wurde, bot er der Stadt Hamburg das wertvolle Kunstwerk als Stiftung an. Der damalige Versicherungswert betrug 20.000 Mark. Heute hat der Stein einen geschätzten Wert von 30.000 Euro.

Ganz ohne Nebengeräusche ging die Schenkung allerdings nicht vonstatten. Zum einen wollte die Stadt Hamburg das Geschenk zwar annehmen, aber nicht für den Transport des Schwergutes zahlen. Und die Suche nach einem kostengünstigen Transport erwies sich als schwierig. Sogar bei der Bundeswehr wurde angefragt, die aber natürlich ablehnte, da sie üblicherweise nur eigenes Gerät transportiert.

Zum anderen gab es dann auch kritische Stimmen, die das Kunstwerk schlicht als „hässlich“ erklärten und es in Hamburg nicht haben wollten. Die geplante Schenkung entwickelte sich zum Politikum. Die Diskussion wurde öffentlich und in den Medien ausgetragen. Die Befürworter, der Kommunalverein Groß Borstel, das Bezirksamt Nord und vor allem die Hamburger Kunstkommission, setzten sich aber durch.

Schließlich erklärte sich das Hamburger Unternehmen für Schwertransporte Ferdinand Rath bereit, das schwergewichtige Geschenk anlässlich seines 100-jährigen Firmenjubiläums nach Hamburg zu schaffen.

Mit einem auf 42 Meter ausziehbaren Teleskop-Kran, wurde das Steinkunstwerk im Herbstschen Park zum Schluss auf die Stelle gehievt, wo es heute steht. Er wurde zuvor dafür akribisch ausgesucht und die Optik mit Hilfe einer Attrappe getestet.

Eine sakrale Bedeutung hat der Steintisch, obwohl er wie ein Altar aussieht, nicht. Er besteht aus zwei Teilen, einem Sockel und einem auf diesem ruhenden, fast schwebend aufgestellten vier Meter langen keilförmigen Tisch. Die zwei Teile symbolisieren künstlerisch das Prinzip des Tragens und Getragenwerdens. Die Oberflächen der Seiten hat Hammond-Norden so gestaltet, als seien sie von vorbeifließendem Wasser geformt worden und erinnert damit an die Wasserströme in den Hohlräumen der Vulkaneifel, aus deren Basaltgestein der Tisch geschlagen wurde.

Der Basaltaltar ist bei Weitem nicht das einzige Kunstwerk, das der heute 81-jährige Henning Hammond-Norden im Laufe der Zeit geschaffen hat, aber wohl das schwerste. Der Hang zur Kunst steckt der Familie im Blut.

Hammond-Nordens Vater Wilhelm hatte zunächst ebenfalls Steinmetz gelernt, so wie die meisten seiner Vorfahren. Sein Vater besaß einen großen Betrieb für Natursteinbearbeitung in Hammerbrook mit 200 Mitarbeitern. Doch dann begann er zu schreiben, verfasste Theaterkritiken, dann auch Prosa und Parodien („Der Zerr-Spiegel“, 1930).

Das Hamburger Abendblatt berichtete über die Aufstellung des Steinaltars im Herbstschen Park.

Sein Freund Wolfgang Borchert („Draußen vor der Tür“) übernahm einige der Texte. Wilhelm Hammond-Norden wurde mit Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 eingezogen, war erst beim Fronttheater in Frankreich bis er nach Russland verlegt wurde. Er blieb in der Schlacht von Stalingrad vermisst. Henning Hammond-Norden hat seinen Vater nie kennengelernt.

Henning Hammond-Norden wollte eigentlich zur See fahren, doch seine Mutter überzeugte ihn, ebenfalls Steinmetz zu werden und damit der Familientradition zu folgen.

„Von Kunst alleine kann man nicht leben“, erkannte Hammond-Norden bald und stellte seinen Beruf auf drei Beine: Er führte mit einem Kompagnon die Firma seines Vaters weiter, übernahm Aufträge für Fassadenrestaurierungen und schuf gelegentlich auch Kunstwerke aus Stein. Auf dem Ohlsdorfer Friedhof führte Hammond-Norden Patenschaften für Grabdenkmäler ein. Zu seinen Restaurierungen gehört der Eingang zum Haus der Hamburger Patriotischen Gesellschaft, und zu den von ihm geschaffenen Kunstwerken gehört unter anderem der Altar in der Eppendorfer St. Johannis-Kirche.

Seinen Beruf übt der 81-jährige Künstler nicht mehr aus, aber einen Ruhestand kennt er nicht. Schließlich kam Hammond-Norden nämlich vom Stein doch noch zum Wasser. Zusammen mit einigen Freunden ist er Miteigner des ehemaligen Feuerlöschbootes Repsold. Die Wartung des Bootes und seine Ausfahrten kosten Zeit und machen Spaß. Fans der TV-Serie Großstadtrevier kennen das Boot als Kulisse für das Wohnschiff von Dirk Matthies (Jan Fedder).

In der wirklichen Welt kann aber jedermann das Schiff für einen vergleichsweise günstigen Preis für Ausfahrten mieten (www.repsold.net). Es liegt im Traditionshafen in der Hafencity, gleich an der Elbphilharmonie. Henning Hammond-Norden und die Crew freuen sich auf Besucher.
André Schulz

Grabstein auf dem Friedhof Ohlsdorf