FITNESS IN ZEITEN VON CORONA

Wie kommen die Fitnessstudios durch die Krise? Von Uwe Schröder

Im zweiten Lockdown mussten die Groß Borsteler Fitnessstudios, wie viele andere Betriebe auch, erneut die Tore schließen. Eine kaufmännische Katastrophe bahnte sich an. Lange kann kein privatwirtschaftlich betriebenes Unternehmen durchhalten, wenn von einem Tag auf dem anderen die Einnahmen wegbrechen. Umsatz null, aber die Kosten laufen weiter. Wie soll das auf Dauer gut gehen?

Wir haben Medalife, die FYTT Location und den White Collar Boxing Club besucht, um zu erfahren, was sie während der Schließung unternommen haben und wie man auch in Zeiten von Corona und Homeoffice etwas für seine Fitness tun kann.

MEDALIFE

Medalife kommt zwar mit Verlusten, letztlich aber noch glimpflich durch die Krise. Denn schon lange vor Corona, eigentlich seit dem Start im Borsteler Bogen, setzte das Unternehmen von Dirk Petersen und Axel Ritter besonderen Wert auf Medical Fitness. Neben den Mitgliedschaften der Fitnessstudio-Besucher lag der zweite Schwerpunkt des Borsteler Betriebs bei den physiotherapeutischen Angeboten. Diese Abteilung durfte weiter betrieben werden, selbstverständlich unter Beachtung strenger hygienischer Auflagen. Zwar kündigten etwa 30 Prozent der Mitglieder im Fitnessbereich, gleichzeitig stieg aber die Nachfrage nach physiotherapeutischen Leistungen. Gut, dass Medalife schon vorher fast ausschließlich Physiotherapeuten beschäftigte und somit die gestiegene Nachfrage bedienen konnte.

In den Räumen von Medalife

„Es ist klar“, berichtete Dirk Petersen, „unsere Mitglieder merken nach kurzer Zeit, ihnen fehlt etwas, wenn sie die Fitnesskurse nicht mehr besuchen können.“ Zum Beispiel zeigten sich bei einigen Älteren schnell Symp-tome des coronabedingten Bewegungsmangels. Viele waren gewohnt, ein oder zweimal pro Woche Sport zu betreiben. Und einige lassen sich bei entsprechenden Symptomen dann Physiotherapie oder Massagen vom Arzt verschreiben. Andere wechselten von privat bezahlter Fitness zu privat bezahlten therapeutischen Behandlungen. Und einige neue Kunden kommen hinzu. „Die Isolation durch Lockdown und Homeoffice, die Ungewissheit und ständige Anspannung, das erzeugt natürlich Probleme“, berichtet Axel Ritter. „Wir haben zunehmend Klienten mit Rücken- oder Verspannungssymptomen. Denen können wir helfen.“

Der Unterschied zu der Zeit vor dem Lockdown ist in den Räumen von Medalife sichtbar: Waren früher die Geräte im Fitnessbereich gut genutzt, ist es heute kein Problem, die Abstandsregeln einzuhalten. Es ist also noch Luft nach oben. Axel Ritter: „Die Nutzung ist besonders beim ersten Lockdown zurückgegangen, weil Verängstigung vorherrschte.“ Heute sind die Therapeuten gut ausgelastet. Denn Medalife öffnet, um speziell für Berufstätige Angebote zu bieten, morgens bereits um 7.00 Uhr und hat bis 20.30 Uhr geöffnet.

Die während der Coronaschließung weitergezahlten Mitgliedsbeiträge sind bei Medalife übrigens nicht verfallen. Sie werden auf Anraten des Steuerberaters als Darlehn verbucht, so dass sie bei späterer Nutzung ausgeglichen werden können.

Im White Collar Boxing Club 1

WHITE COLLAR BOXING CLUB

Der in der Groß Borsteler Straße idyllisch gelegene Boxclub hält seine sportbegeisterten Mitglieder mit Videokursen bei Laune. Montags 18.00 Uhr boxen die Kids, dienstags 19.00 Uhr Kickboxen und Boxen für Erwachsene, mittwochs um 17.00 Uhr trainieren die Little Dragons, um 18.00 Uhr Kickboxen und Boxen für Kinder und Jugendliche, Donnerstag wieder um 19.00 Uhr Angebote für Erwachsene. Alle sind mit viel Spaß dabei, trainieren zu Hause vor Fernseher, PC, Laptop, Handy oder Tablet.
Tagsüber baut Boxclubbetreiber Tim Albrecht aus, das Angebot wird erweitert. Karate, Taekwondo und viel mehr Kickboxen – das wollten die Kampfkünstler schon vor der Krise vermehrt anbieten. Jetzt haben sie Zeit dafür. Tim Albrecht hat für das neue Angebot den beliebten Trainer Sascha Micheel, der zuvor bei ihm angestellt gearbeitet hat, als Partner gewinnen können.

Ohne staatliche Coronahilfen hätte Albrecht den Betrieb kaum aufrechterhalten können. „Und ich bin sehr dankbar für alle unsere treuen Mitglieder, die in der Krise ihre Beiträge weiterzahlen.“ Der Borsteler Zusammenhalt funktioniert auch hier. Dennoch haben knapp 30 Prozent der Mitglieder gekündigt. Einige sind schlicht arbeitslos geworden oder haben ebenfalls Einkommenseinbußen. Alle anderen erhalten Gutscheine für die Zeit der Schließung.

FYTT LOCATION

Das beliebte, von Miriam Wessels betriebene Bewegungsstudio im Zentrum Groß Borstels setzt – ähnlich wie Medalife – verstärkt auf medizinisch orientierte Angebote. Für die vom Lockdown betroffenen Kurse werden Onlinetrainings angeboten. Die Verluste durch die verordnete Schließung von Yoga- und Fitnessstudios werden durch die Angebote der einzelnen Heilpraktikerinnen in der angeschlossenen Praxis teilweise kompensiert. Denn die FYTT Location darf für alle medizinischen Heilpraktiker-Anwendungen und Reha-Kurse weiterhin geöffnet bleiben – nach Terminabsprache, versteht sich.

„Ich bin natürlich auch sehr glücklich, dass die Quartiersmanager von der Steg Hamburg hier bei mir an Montagen und Donnerstagen die Räume gemietet haben“, erklärt Miriam Wessels. „Denn einige Angebote, wie zum Beispiel Smoovey, dürfen während des Lockdowns nicht betrieben werden.“

Der umtriebigen Diplom-Sportwissenschaftlerin, die auch Psychologie studiert hat, ausgebildete Osteopathin, Heilpraktikerin, Gestalt- und Faszientherapeutin ist, mangelt es nicht an Ideen für neue Angebote. So bietet sie neben Yoga-Kursen speziell entwickelte Trainings für Frauen nach Brustkrebsoperationen, emotionale Körpertherapie (Wessels: „Zehn bis zwanzig Prozent Psychologie sind immer dabei.“) sowie Therapien für den Palliativbereich an, die das Ziel haben, die Lebensqualität von unheilbar Erkrankten zu erhalten oder zu verbessern.

Miriam Wessels, die sich auch in den USA ausbilden ließ, veröffentlichte insgesamt zwölf Bücher zu körpertherapeutischen Themen, zum Beispiel: Soforthilfe-Yoga: Beschwerden lindern durch gezielte Übungen.

In der FYTT Location wird eine Online-Trainingsstunde erstellt.

FAZIT

Fit bleiben, das ist auch in der Krise in Groß Borstel kein Problem. Zum Homeoffice gesellt sich via Zoom, Jitsi oder Webex per Videotrainig das Fitnessstudio at Home. Zur Not helfen vom Arzt verordnete Therapien.

Die Unternehmen sind anpassungsfähig, wenngleich natürlich ökonomisch belastet. Erfreulich ist, dass viele Kunden Solidarität mit den Unternehmern zeigen und ihre Mitgliedschaften nicht gekündigt haben. Es bleibt die Hoffnung auf eine baldige Beendigung des Corona-Lockdowns.