EDITORIAL

Liebe Borsteler,
„Lernen ist Erfahrung. Alles andere ist einfach nur Information.“ Diese Erkenntnis hatte Albert Einstein, bekanntlich nicht einer der Dümmsten. In Zeiten von Corona werden wir mit Informationen zugeschüttet, die sich häufig widersprechen oder vielleicht nur partiell zutreffen und nicht verallgemeinerbar sind. Gerade die Medizin ist eine Erfahrungswissenschaft, auch wenn oft der Eindruck erweckt wird, dass allein schon die Statistiken und Reproduktionszahlen Aufschluss über die Wirkungsweise des Virus geben würden.
Aber da wir alle mit Covid-19 keine Erfahrung haben, gibt es viele Fragen: Infizieren sich Kinder tatsächlich besonders stark und sind sie Überträger der Krankheit? Sterben die meisten Menschen tatsächlich an der Virusinfektion oder verursacht dieser Auslöser nur den Zusammenbruch des vorgeschädigten Organismus? Ist die hohe Sterbehäufigkeit in bestimmten Gebieten wie Bergamo, Wuhan, Madrid, Mailand auf die hohe Luftbelastung durch Stickoxide (NOx) zurückzuführen, die das Atmungssystem der dort lebenden Menschen so vorgeschädigt hat, dass die neuerliche Belastung nicht mehr ausgeglichen werden kann?
Im Moment sammeln wir Informationen. Und dabei lernen wir. Und hoffentlich ziehen wir als Menschheit aus dem Erlernten dann auch die Schlüsse, die eine nächste Pandemie mit einem nächsten Virus, der bisher irgendwo versteckt und gut eingekapselt existiert, verhindert. Indem wir die Natur nicht weiter zerstören und damit den Lebensraum der wildlebenden Tiere mit ihren Viren nicht immer dichter an die Menschen heranbringen. Indem wir über Massentierhaltung und ungebremste weltweite Mobilität nachdenken, die mit den Emissionen der PKWs, des Luftverkehrs und der touristischen und Lieferketten-Schifffahrt Gefahrenquellen für die Gesundheit sind. „Es ist nicht genug, zu wissen – man muss es auch anwenden. Es ist nicht genug, zu wollen – man muss es auch tun.“ Soweit Johann Wolfgang von Goethe dazu. Albert Einstein ist da etwas radikaler: „Geisteskrankheit ist, wenn man das Gleiche immer und immer wieder tut und andere Resultate erwartet.“
Wir werden in diesem Jahr – leider, leider! – nicht das Gleiche wie immer wieder tun können: Der Höhepunkt unseres Groß-Borstel-Sommers, unser Stadtteilfest, muss in Zeiten von Corona ausfallen. Da die Veranstaltungssperre bis voraussichtlich 31. August 2020 gilt und kaum vorstellbar ist, dass danach ein großes Gedränge beim Fest erlaubt wird und sinnvoll ist, ist es zu unsicher, die notwendigen arbeitsintensiven Vorbereitungen, inklusive der Anmeldungen von 300 Ständen zum Flohmarkt, jetzt zu starten. Diese Entscheidung haben wir gestern im Vorstand des Kommunalvereins schweren Herzens getroffen. Wie richtig wir damit lagen, hat sich heute gezeigt: Markus Söder folgte unserer Entscheidung und sagte auch das Münchner Oktoberfest für dieses Jahr ab!
Als kleine Entschädigung, und um uns allen eine Freude zu machen, wenn wir – zu zweit! – in der frischen Luft der verkehrsberuhigten City of GB spazieren gehen, haben Uwe Schröder und Martin Boettcher vom Boten eine Ausstellung in den Schaufenstern der Geschäfte organisiert. Fünfzehn bekannte Hamburger Cartoon-Künstler haben ein wunderbares Buch – „Hamburger Strich“ – mit ihren Zeichnungen herausgebracht, aus dem jetzt viele Arbeiten auf großen Plakaten ausgestellt werden. Vielen Dank an die Künstler, den Groß Borsteler Boten und natürlich an die Geschäftsleute, die mitmachen, und ihre Fensterflächen zur Verfügung stellen!
Auch, wenn wir uns erst einmal nicht auf Veranstaltungen im Stavenhagenhaus sehen werden, und auch nicht auf dem Stadtteilfest: Wir sehen uns in Groß Borstel!
Herzlich
Ihre Ulrike Zeising