DER HVV UND DIE NEUE ZEIT. WENN DIE ZUKUNFT SICH VERFÄHRT.

von Dr. Jürgen Danielowski

Mit der Angebotsoffensiv II des Hamburger Senats und des HVV sollte auch in Groß Borstel die neue Zeit anbrechen. Jedenfalls für Nutzer der Buslinie 114. Jedenfalls ein bisschen.

Ab dem neuen Fahrplan zum 15.12.2019, so das Gerücht, würde der Bus am frühen Abend eine Stunde länger im 10-Minuten-Takt fahren. Definitiv nachzulesen in der Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft vom 27.08.19 (Drucksache 21/18148, Anlage B, S. 15). Dort wird der HVV-Text wiedergegeben: „Verlängerung des 10-Minuten-Takts auf der Linie 114 bis 20:30 Uhr“ – und auch in der DS-Berichtigung der Senatskanzlei vom 12.09.19 nicht korrigiert. E i n e Stunde! Ein Witz oder ein Trostpflästerchen; der Wochenendfahrplan bleibt unverändert löchrig.

Ja, was soll ich sagen? Die neue Zeit ist ausgeblieben. Die Angebots- und Qualitätsoffensive verpuffte bei uns in Groß Borstel fast als Rohrkrepierer. Aus dem Stündlein wurde ein einziger zusätzlicher Bus Richtung Lattenkamp (und 2 stadtauswärts). Statt einer echten Ausweitung im Wesentlichen eine Lückenfüllung des teilweise bereits vorhandenen 10-Minuten-Takts vor 20 Uhr. Statt einer Ausweitung bis ca. 20:30 Uhr ein Ende der Taktverdichtung stadteinwärts bereits um 19:41 Uhr, stadtauswärts 20:07 Uhr (ab Köppenstraße). Und überhaupt – wie verhalten sich die Versprechungen von HVV und Senat eigentlich zur Antwort der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, die die GRÜNEN-Nord bereits am 12.07.2019 (!) auf ihre Anfrage hin erhalten hatten? „Auf der StadtBus-Linie 114 ist vorgesehen, ab dem 15. Dezember 2019 montags bis freitags zusätzliche Fahrten im Spätverkehr ab 19 Uhr einzurichten. Damit verlängert sich der 10-Minuten-Takt zwischen U Klosterstern und Am Licentiatenberg stadtauswärts um ca. 60 Minuten und stadteinwärts um ca. 30 Minuten.“ Kommt der Wahrheit näher, ohne sie vollständig zu treffen.

Ich will nicht kleinkrämerisch sein, aber immerhin bleibt eine satte Differenz zwischen den vollmundigen Ankündigungen und der tatsächlichen Ausführung. Wie fühlt man sich da als Bürger, der sein Auto verkauft und sich dem ÖPNV anvertraut hat? So geht Glaubwürdigkeit verloren – in den kleinen Wortbrüchen. Gewiss, gewiss! An anderen Stellen wird mächtig investiert… Neue Metro-Linien, Verlängerung der U 4, Taktverdichtungen auf vielen Linien. Toll! Nur nicht bei uns. Stimmt, in der erwähnten Drucksache wurde vorgebeugt: „Ein Großteil der… geplanten Anpassungen wird zum 15. Dezember 2019 umgesetzt.“ Ein Großteil – Groß Borstel hat außer dem Namen keinen Anteil am GROSS-Teil.

Ich schrieb dem Ersten Bürgermeister umgehend einen durchaus freundlichen, aber offenen Brief, der auch an Parteien in Hamburg-Nord sowie an den HVV selber und an zwei Tageszeitungen ging. Die Resonanz? Der Weihnachtsmann in Rovaniemi hätte mir schneller geantwortet. Stimmt nicht, Herr Werner-Boelz von den GRÜNEN hat geantwortet und über die Anfrage und Behördenantwort vom Juli informiert. Danke dafür!

Bin ich zu egoistisch, wenn ich für die Verbesserung meiner Mobilität kämpfe? Nutzen am Abend und an Wochenenden tatsächlich zu wenige die Linie 114? Komisch, ich treffe nach 20 Uhr am Lattenkamp überwiegend auf volle Busse – während der angebliche Schnellbus 34 regelmäßig leer durch die Gegend rollt.

Nein, die bald 10.000 Bewohner/innen Groß Borstels teilen den Wunsch nach besserer Anbindung. Vielleicht gibt es wirklich eine Negativspirale: je seltener der Bus kommt, umso unkalkulierbarer wird eine Fahrt, umso eher steigen Leute also gleich ins Auto um. Wir brauchen eine tatsächliche Verkehrswende, die uns Vertrauen in den ÖPNV gibt und uns nicht abschreckt vom Umstieg.

Mein Vorschlag: Machen wir nicht nur verbindliche Zusagen für eine Nachbesserung des Fahrplans, sondern darüber hinaus ein neues Verkehrskonzept zu einem wichtigen Kriterium unserer Entscheidung bei der nächsten Bürgerschaftswahl! Fühlen wir den Parteivertretern (und –rinnen) bei der nächsten Gelegenheit gründlich auf den Zahn, bis sie unseren Schmerz und unsere Ungeduld fühlen! Eine Sache ist es, den illuminierten Glaspalast II an den Elbbrücken zu eröffnen, eine andere, über marode, schlecht beleuchtete Bürgerstiegen zu stolpern, die irgendwo in katastrophalen Relikten von Radwegen enden.

Keine weiteren Verbaloffensiven bitte! Lasst den 114-er länger im 10-Minuten-Takt laufen! Und kein Klein-Klein mehr! Legt endlich Perspektivpläne auf den Tisch!