Bleibt Zürich sicher? – Paul Hindemith und Ingolf Dahl im Schweizer Exil

Gesprächskonzert am 8. Mai, 20 Uhr, Stavenhagenhaus

Die Initiative Marcus und Dahl wird nicht müde, an den in Hamburg noch immer wenig bekannten Komponisten Ingolf Dahl zu erinnern, der in der Violastraße, der heutigen Köppenstraße in Hamburg Groß Borstel, geboren wurde, auf der Lichtwark-Schule (heute Heinrich Hertz Schule) sein Abitur ablegte und erste große musikalische Erfolge in seiner Geburtsstadt verbuchen konnte (1930 Soloauftritt im großen Saal der Laeiszhalle im Alter von 18 Jahren), bis er 1933 als Sohn eines jüdischen Vaters angewidert von der deutschen Sprache („Ich sehne mich danach, aus meiner Sprache herauszukommen, denn jeder wird mich zu einem dieser hasserfüllten Menschen zählen“) zunächst nach Zürich in die Schweiz floh.

Dort machte er eine bemerkenswerte Karriere am Opernhaus der Stadt und lernte den schon damals weltberühmten Paul Hindemith kennen, für den er arbeiten durfte. Als dessen erster Assistent begleitete er die Uraufführung der Oper „Mathis der Maler“ und fortan verband die beiden Komponisten eine lebenslange kollegiale Freundschaft, wie die sehr persönliche Weihnachtskarte von 1946 zeigt.

Die braunen Horden waren inzwischen auch in Zürich überall, der „Anschluss“ Österreichs war vollzogen. War man hier noch sicher?

Die erklingenden Klavierstücke zu vier Händen, vorgetragen vom Klavierduo Friederike Haufe Volker Ahmels, sind alle aus dieser brisanten Zeit. Sehr virtuos und orchestral vermitteln sie den damaligen musikalischen Zeitgeist. Hintergrundwissen und auch ganz neu entdeckte Erkenntnisse über beide Komponisten und ihre Beziehung vermittelt in zwei kurzen Vorträgen Dr. Luitgard Schader vom Hindemith Institut Frankfurt, die Einblicke in Archive und in den Nachlass Hindemiths hat, in denen sie ständig Neues und Unbekanntes entdeckt und wissenschaftlich einzuordnen vermag.

Ingolf Dahl verließ 1939 nach einem allerletzten Besuch in seiner Heimatstadt Hamburg Europa und verbrachte den Rest seines Lebens in den USA. Regelmäßige „Sabbaticals“, die ihm als Professor in Los Angeles an der USC (University of Southern California Los Angeles) zustanden, führten ihn in den sechziger Jahren für längere Aufenthalte in die Schweiz, wo er 1970 verstarb. Paul Hindemiths Schicksal ähnelt dem von Thomas Mann: er war einer der führendsten Komponisten Deutschlands, verheiratet mit einer jüdischen Frau und überzeugter Demokrat. Zusätzlich mit Aufführungsverbot belegt (seine Musik galt als „entartet“) reiste er 1940 in die USA aus, verbrachte jedoch seinen Lebensabend in der Schweiz.

Das Gesprächskonzert wird in Kooperation mit dem Hindemith Institut Frankfurt veranstaltet und vom Bezirk Hamburg-Nord sowie dem Rise-Verfügungsfonds Groß Borstel gefördert.  Der Eintritt ist frei, Spenden sind erwünscht.