Klimaschutz im Garten von Dr. Jürgen Bönig
Rasen – energetisch betrachtet
Jetzt wird es schwierig: Es geht um Ihren grünen Rasen vor und hinter dem Haus, der im Sommer ständig gemäht und feucht gehalten werden muss, damit er ansehnlich grün, ohne Flecken und Löcher aussieht. Diese Monokultur kurz gehaltener Gräser braucht viel Energie.
Die wuchsstarken Gräser, die aushalten, dass sie in der Saison wöchentlich gemäht werden, brauchen viel Dünger. Und das ist meist Kunstdünger, in Salzen fixierter Stickstoff, der energieaufwendig aus der Luft gewonnen worden ist. 5000 Tonnen solchen Düngers konnten, weil unsachgemäß gelagert, Beirut zerstören. Die dabei frei werdende Energie musste vorher mindestens in die Produktion des Kunstdüngers gesteckt werden, der anders aufbereitet als Sprengstoff dient. Dabei kann die Natur das viel leiser und unaufwendiger – einige Pflanzen haben Knöllchenbakterien in ihren Wurzeln eingebaut, die den Stickstoff ganz still aus der Luft holen, der für den Aufbau von Eiweißen notwendig ist. Und wenn die Kühe das Gras gefressen haben, enthält ihr Dung auch viel Stickstoff.
Rasen muss in Trockenperioden gewässert werden, damit er nicht gelb wird. Oder vom Moos befreit werden, wenn Boden, Feuchtigkeit und Schatten diesen weichen Teppich entstehen lassen.
Und dann die Arbeit des Mähens. Ich gehöre glücklicherweise nicht zu denjenigen, denen in der Kindheit jeder Garten vergällt worden ist, weil jeden Samstag gemäht werden musste, wenn die anderen zum Baden oder in die Eisdiele gingen – wir hatten einfach keinen Garten. Aber wenn Sie das Mähen nicht aus Fitnessgründen mit der Sense oder Sichel machen, wird dabei ganz schön viel Energie als Benzin oder Strom aufgewandt.
Nächster Schritt: Der Rasenschnitt nervt – weil er auf dem Kompost verklumpt, schimmelt und sowieso besser entsorgt werden muss in großer Menge über die Komposttonne.
Und wenn Sie das Ganze mit dem Mähroboter machen, haben Sie endgültig die igelmordende Monotonie eingeladen, die kein Lernen mehr von Ihnen verlangt.
Vielleicht pflegen Sie Ihren Rasen auch nur, weil Sie meinen, dass die Nachbarn Ihren Garten so als gut gepflegt ansehen, oder in dem Wunsch, Kinder und Enkel möchten auf dem Rasen wieder Fußball spielen, die längst aus dem Haus sind oder noch nicht da.
Ersparen Sie sich den Energieaufwand einer Monokultur Rasen, indem Sie Gräser und Blumen gedeihen lassen, die weniger Dünger und Wasser brauchen und nur zweimal im Jahr mit Sense, Sichel oder elektrischer Rasenschere geschnitten werden. Der Übergang in einen Zustand, in dem Sie die Gartenfläche anders nutzen und dennoch betreten können, wird nicht ganz einfach sein. Weil zu viel Dünger da ist, hilft kein Aussäen einer Wildwiese – nach einem Jahr spätestens ist die wieder weg. Schon am Beginn des Projektes also den Boden abmagern, die fette Erde forträumen, auf die Beete, wo der Dünger nicht stört, schottriges Material und Sand einbringen. Und dann auf unebenem Boden, der ja nicht mehr mit dem Rollrasenmäher kurzgehalten werden muss, Saat der vielfältigen Wiesenpflanzen ausbringen, die sich auf mageren Böden entwickelt haben und auf Menschen angewiesen sind, die zwei Mal im Jahr die Wiese mähen, die Halme kompostieren und zufrieden auf die bunten Blumen eines Magerrasens blicken können.
Die Stadt Hamburg fördert mit dem Projekt Natürlich Hamburg! in den öffentlichen Grünanlagen solche Wiesen – spätestens im zweiten Jahr werden sich aber wieder andere Gräser und Blumen durchsetzen, die gezielte Eingriffe brauchen. Geben Sie sich in Ihrem doch meist viel kleineren Wiesenstück die Chance zu lernen. Beobachten Sie, was da keimt. Stören Sie den Untergrund durch teilweises Umgraben und Aufbringen von Sand. Probieren Sie verschiedene Mischungen von Saatgutmischungen aus und lernen Sie, was da keimt und weiterwachsen soll, was am Standort am besten gedeiht, was durch Ihre Eingriffe sich durchsetzt und wie sich Ihr Wissen über die Natur mit der Wildblumenwiese wandelt.
Saatgut und guten Rat können Sie an den Öffnungstagen beim NABU-Naturgarten Winterhude in der Bebelallee beim Lattenkamp erhalten.

