Vögel in Groß Borstel

Der Gartenrotschwanz

Gartenrotschwanz, männlich mit Futter

Meist sitzt er mit auffallend zitterndem Schwanz hoch in den Bäumen oder tief in Büschen. Der Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus). Dabei handelt es sich um eine Vogelart der Gattung Rotschwänze (Phoenicurus) aus der Familie der Fliegenschnäpper (Muscicapidae).

Mit einer Länge von 13 bis 15 cm sind Gartenrotschwänze etwa so lang wie Rotkehlchen, allerdings deutlich schlanker. Die Vögel zeigen eine auffällige Färbung: Der Rücken und die Flügeldecken des Männchens sind aschgrau, die Stirn weiß, Gesicht und Kehle schwarz. Brust, Bürzel und Schwanz ziert ein  Orangerot. 

Das Weibchen kommt unauffälliger daher. So ist ihre Unterseite hellbeige, während sich die Oberseite graubräunlich zeigt und auf dem unteren Rücken in die rostrote Färbung der Oberschwanzdecken übergeht.

Der Gartenrotschwanz wird mitunter mit dem ebenfalls in Groß Borstel vorkommenden Hausrotschwanz verwechselt. Dabei lassen sich beide Arten gut am Aussehen von Kopf, Kehle und Brust unterscheiden: Denn während der männliche Gartenrotschwanz lediglich eine schwarze Gesichtsmaske aufweist, sind sowohl das Gesicht als auch die  Brust des männlichen Hausrotschwanzes schwarz. Zudem zeigen die Flügeldecken des männlichen Gartenrotschwanz oft ein dreieckiges weißes Feld, das dem Hausrotschwanzmännchen fehlt. Das Gartenrotschwanzweibchen ist insgesamt deutlich heller gefärbt als das Weibchen des Hausrotschwanz. Vor allem die sich von der Körperoberseite deutlich heller abhebende und ins orange tendierende Unterseite unterscheidet sich deutlich von dem wesentlich einfarbigeren Weibchen des Hausrotschwanz.

Der Gesang der Gartenrotschwänze ist schwatzend und voller Variationen. Frühmorgens singt das Männchen mit weichem, wehmütigem Klang, der mit einem „hüit“ beginnt und dem ein tieferes „tick-tick-tick“ folgt.

Die Nahrung der Vögel wird hauptsächlich in den untersten Strauch- und Krautschichten gesucht. Sie besteht vor allem aus Insekten, Spinnen, Käfern und deren Larven. Befinden sich in den oberen Strauch- und Baumteilen reiche Vorkommen an schwärmenden Hautflüglern, so wird auch diese Gelegenheit zur Nahrungsbeschaffung genutzt.

Gartenrotschwanz, weiblich mit Futter

Tausendfüßler, Asseln, Schnecken, Würmer und auch Beeren ergänzen das Nahrungsspektrum. Wehrhafte Insekten wie Bienen und Wespen werden gemieden.

Das Vorkommen des Gartenrotschwanz erstreckt sich über ganz Europa sowie Teile Nordafrikas und Asiens. Sie sind Zugvögel und  zugleich Langstreckenzieher, die in der afrikanischen Savanne südlich der Sahara überwintern.

Gartenrotschwänze stehen auf der Vorwarnliste gefährdeter Arten, denn die Umwandlung lichter Wälder in Nadelbaumforste, der Rückgang an Streuobstwiesen, der Strukturwandel von Nutz- zu Ziergärten und nicht zuletzt die Pestizideinsätze – insbesondere in den Überwinterungsgebieten – erschweren ihnen das Überleben. Während der Gartenrotschwanz Anfang des 20. Jahrhunderts noch als „überall häufig“ galt, gehörte er zwischen 1960 und 1990 in Hamburg zu den Arten mit den stärksten Arealverlusten. Bis zum Ende des Jahrhunderts nahm der Bestand stark ab, hat sich aber seit Beginn des neuen Jahrtausends deutlich stabilisiert. Aktuell wird der  Bestand in Deutschland auf 100.000 bis 155.000 Brutpaare, in Hamburg flächendeckend auf 1.600 Brutpaare geschätzt. Hier finden sich Brutvorkommen vor allem in Stadtteilen mit altem Baum- und Obstbaumbestand, mit Kleingärten und aufgelockerten hellen Wäldern und Feldgehölzen.

Ein Grund für die positive Bestandsentwicklung ist sicherlich auch, dass Gartenrotschwänze die Nähe des Menschen nicht scheuen und sich in naturnahen Gärten schnell heimisch fühlen.

Gartenrotschwanz, weiblich, an Nistplatz in Baumhöhle

Die Vögel sind Höhlen- sowie Halbhöhlenbrüter und hinsichtlich der Wahl der Brutstätte nicht wählerisch. Sogar Bruten in Mauerlöchern, Holstapeln und Briefkästen sind dokumentiert. Auch werden künstliche Nisthöhlen angenommen, sodass sich durch das Anbringen geeigneter Brutkästen der Vogel problemlos in den eigenen Garten locken lässt.

Gartenrotschwänze haben zwischen April und Juni bis zu zwei Jahresbruten, wobei sie in der Regel eine monogame Saisonehe führen – jedoch sind auch Fälle von Bigamie beobachtet worden.

Die Balz findet am Brutplatz statt. Das etwas früher aus den Überwinterungsgebieten zurückgekehrte Männchen besetzt ein Revier und sucht nach einer geeigneten Nisthöhle. Das Weibchen prüft dieses Angebot, trifft die endgültige Entscheidung und baut fast allein innerhalb von zwei bis acht Tagen in der Höhle bzw. Halbhöhle das Nest aus trockenem Pflanzenmaterial wie Stroh, Gras, Moos und Laub. Zuletzt wird die eigentliche Nistmulde sorgfältig mit feineren Materialien wie Tierhaare, Federn oder Moos ausgekleidet.

Das Gelege besteht meist aus sechs oder sieben ovalen grünlich-blauen Eiern. Kurz nach Ablage des letzten Eis beginnt das Weibchen mit dem zwölf bis vierzehn Tage langen Brüten. Nach dem Schlüpfen füttern beide Elterntiere die Jungen noch zwei Wochen. Dann fliegen die Jungen aus,  wandern bald in die Überwinterungsgebiete ab und werden gegen Ende des ersten Lebensjahres geschlechtsreif. Ihre Lebenserwartung beträgt bis zu fünf Jahre.

2011 war der Gartenrotschwanz  in Deutschland und Österreich „Vogel des Jahres“. Da die „Prämierung“ bereits lange zurückliegt, hat dieser gefiederte Freund inzwischen wieder mehr Aufmerksamkeit verdient. Halten Sie also die Augen offen und erfreuen sich an der Gegenwart der farbenfrohen Gartenrotschwänze.

Text und Fotos: Michael Rudolph