Serie: Klimaschutz im Garten von Dr. Jürgen Bönig

2025 September: Ab- statt Zupflastern

Wenn ich früher zu meiner Oma nach Fuhlsbüttel ging, war die Straße kaum geteert, die Bordsteine niedrig und der Fußweg meist aus Sand – niemand wäre auf die Idee gekommen, einen Fußweg von der Fahrbahn bis zum Gartenzaun mit Platten zu belegen. Die Hundskamille neben dem Fußweg habe ich geliebt – obwohl sie nur gut riecht und nicht zum Tee taugt. In den 1970er Jahren gab es in Altona die Aufforderung: Reißt die Gehwegplatten an den Hauskanten raus und pflanzt Wein oder Knöterich – manche der Gewächse verschönen noch heute die Straße.

Jetzt ist es wieder soweit: Wegen des Klimawandels soll abgepflastert werden. Ja, Sie haben richtig gelesen – statt Zu-Pflastern ist Ab-Pflastern angesagt, sollen Pflastersteine und Gehwegplatten dort weichen, wo sie nicht nötig sind. Die zuständige Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft hat auf Anregung einer Initiative einen Wettbewerb ausgeschrieben, wer am meisten Steine aus dem Sand reißen kann. Unter dem Pflaster, da ist vielleicht nicht der Strand – aber wer in den nächsten zwölf Monaten auf seinem Privatgrund, im Stadtteil oder im Bezirk am meisten Fläche wieder freilegt und die Erde für Regen, Luft und Lebewesen zugänglich macht, bekommt etwas Goldenes – eine Harke, eine Gießkanne oder den Goldenen Spaten.

Die Stadtverwaltung hat gute Gründe, solche Anregungen zu geben und erklärt die Notwendigkeit des Rückbaus von gepflasterten Flächen mit eingängigem Kartenmaterial im Geoportal Hamburg: Die Versiegelungskarte zeigt, wo und in welchem Maße in den letzten Jahrzehnten Flächen abgedichtet worden sind. Die Hitzekarte aus der Stadtklimaanalyse erschreckt uns mit dunklem Rot, wie heiß es dann in der Stadt wird. Und die Starkregenkarte informiert uns auf den Quadratmeter genau, wo die Niederschläge hinlaufen, wenn sie nicht versickern können.

Im Wettbewerb um die größten Ent-Pflasterer können Sie bei Ihrem privaten Grund angeben, wie viel Boden Sie entsiegeln wollen – ungerechterweise sind dabei die im Vorteil, die viel Fläche zugefliest haben. Aber besteht nicht die Belohnung darin, dass mehr Boden offen wird, bewachsen wird oder bepflanzt werden kann und Regen, Wärme und organisches Material viel besser aufnimmt als eine steinerne Fläche? Bei Flächen, die anderen privat gehören, dürfen Sie selbstverständlich nicht tätig werden – aber vielleicht hilft ein Gespräch mit Nachbarn über den Wettbewerb Abpflastern?

Bei den vielen öffentlichen Flächen, die Ihnen sofort einfallen, die entsteint werden könnten – am Gehwegrand, Gartenzaun, unter den Stadt-Rädern und am Parkstreifen – sollten Sie Vorschläge machen, was besser wäre als die geflieste Welt und die Verwaltung entscheiden lassen. Dafür stehen Portale bereit, wo Sie Ihre Vorschläge in eine Ab-Pflaster Karte eintragen können nach Ort und Umfang der entpflasterten Fläche – und im nächsten Sommer, da haben wir es kühl, Pflanzen und Blumen sprießen neben unseren Wegen und der Keller wird nicht mehr volllaufen, weil die Erde den Regen durstig aufgenommen hat.

Wenn wir uns anstrengen, können wir in Groß Borstel ja für die größte ab-gepflasterte Fläche die Goldene Gießkanne gewinnen und der Bezirk Nord dadurch den Goldenen Spaten. Und bei jedem RISE-Projekt bedenken wir vorher, welche Fläche wirklich unbedingt gepflastert werden muss – dann brauchen wir nachträglich die Pflastersteine nicht mehr aus dem Sand zu reißen, um den erholsamen Strand zu finden.

https://geoportal-hamburg.de

abpflastern@beteilige.me

https://beteilige.me

Hamburger Wettbewerb „Abpflastern“ (BUKEA)