Nachruf
Horst Scherf
1934 – 2025
Wir haben die Kommunalvereinsvorsitzenden, die mit unserem am 13. Juni verstorbenen Ehrenmitglied Horst Scherf im Vorstand zusammengearbeitet haben, gebeten, ein paar Zeilen für einen Nachruf zu schreiben, die wir im Folgenden abdrucken.
Horst und Erika
Eigentlich wollte ich darüber noch mal mit ihm sprechen. Dann war wieder das und jenes zu erledigen, also nächste Woche. Und jetzt? Zu spät. Nun kann ich es nur noch aufschreiben, mich allein erinnern und an Horst denken.
Sie war fast immer bei ihm, wenn wir uns begegneten: Es gab eigentlich nur eine Ausnahme, die Vorstandssitzungen des Kommunalvereins. Da kam sie nicht mit. Was sollte sie da auch? Dort brauchte Horst ihre Schärfe und Präzision nicht. Das konnte er selber zusammen mit Moni – ein Team mit gut verteilten Aufgaben und Fähigkeiten. Als ich mich bei einer Vorstandssitzung des KV als Kandidat für den 1. Vorsitzenden vorstellte, fragte Horst mich sehr direkt, ob es richtig sei, dass ich einer K-Gruppe angehöre; das sei ihm berichtet worden und der Kommunalverein sei überparteilich. Ja, musste ich gestehen, ich gehöre einer einzigen K-Gruppe an. Die Enttäuschung war Horst anzusehen, also erklärte ich, diese K-Gruppe sei der Kommunalverein. Ich hätte von meinem Vater gelernt, niemals Mitglied irgendeiner Partei zu werden. Denke lieber selbst!
In dieser ersten Begegnung mit Horst schafften wir also erst mal mit wenigen Worten Klarheit. Ich wurde zum Vorsitzenden gewählt und lernte Horst als Seele des Vereins kennen. Lange vor mir und lange nach mir zog er in seiner freundlich ruhigen Art die Fäden, kümmerte sich um seinen Verein, kannte wohl alle fast 1000 Mitglieder beim Namen, überließ die Aufregung um kommunalpolitische Themen anderen, z. B. mir. Gratulation zum Geburtstag und anderen Jubiläen kamen pünktlich. Die eigene silberne Hochzeit von Horst und Moni wurde vergessen; 10 Tage später gab es zum Trost ein Gedicht mit Blumen und Pralinen in der Mitgliederversammlung. Tanz im Stavenhagenhaus, Straßenfeste, Fahrradrallye, Ausfahrten, Reisen des KV, Horst und Moni organisierten und waren dabei. Mit Horst entstand immer wieder aufs Neue die Gemeinschaft, das Wirgefühl der Groß Borsteler.
Und Erika? Der Laienspielkreis des KV wäre ohne Horst und Erika nicht denkbar. Sie machte überhaupt erst vieles möglich, wenn es um das Bühnenbild ging. Oder bei der Jahrhundertfeier 1989: Die Straßenbahn Linie 18 in Holz nachgebaut im Festzelt als Rednerpult. Horst und Erika – und sie war nicht irgendeine, sie war adlig – waren auch unzertrennlich, wenn Horst seinen Beruf als Tischlermeister ausübte. Sie machten mir maßgerechte Regale, erneuerten Dachbalken oder bauten eine ganze Bibliothek für meine Kanzlei, die unsere Kunden beeindruckte („Haben Sie die alle gelesen?“). Die beiden konnten so ziemlich alles, was mit Holz zu tun hat. Manchmal traf ich Erika in der Werkstatt. Horst ließ mich mit ihr und allen Werkzeugen allein. Ich konnte in seiner perfekten Tischlerwerkstatt sägen, schleifen, hobeln, bekam den einen oder anderen Tipp und baute Betten und Schränke für meine Familie. Horst zeigte mir, wie man aus sägerauen Leisten Leimholzplatten herstellt, die es damals noch nicht zu kaufen gab. Erika sah mich dabei an und ich sie. Nach neun Jahren war ich der Meinung, ich könne auch mal wieder etwas anderes als Kommunalverein machen. Horst sorgte für ein Abschiedsgeschenk, das ich immer noch viel benutze: einen Hobel aus Aluminium mit besonderer Feineinstellung der Klingen. Weil ich ja nun viel mehr Zeit hätte, fragte mich Horst etwas später, ob ich seine Erika haben wolle. Er bräuchte eine neue. Ich und seine Erika, unvorstellbar. Sie ist noch heute mein, verschafft mir immer wieder Respekt und Bewunderung („Du hast eine Erika!“). Seit mehr als 30 Jahren haben wir sehr viel zusammen gemacht. Zurzeit bauen wir Fenster. Gern ist dann auch der Hobel dabei. Und jedes Mal denke ich an Horst. Und überlege, wie der Kommunalverein die letzten Jahre eigentlich ohne ihn klar gekommen ist. Wie es für ihn war ohne den Kommunalverein. Das geht doch gar nicht. Horst hat mir jetzt noch etwas beigebracht: Dieses „Eigentlich wollte ich …“ ist nicht gut. Es reicht nicht zu wollen, man muss es auch tun, sonst ist es zu spät.
Der Himmel wird sich über Horst freuen und sagen: Zum Glück gibt‘s Tischler, die mehr als Tischler können. Und vielleicht besorgen sie ihm eine neue Erika, die Erika von Mafell, Unterflurtischkreissäge. Danke Horst.
Rembert Müller
Horst Scherf wurde am 1. Juli 1934 in Hamburg geboren und verstarb am Freitag, dem 13. Juni 2025, im 91. Lebensjahr in seiner Heimatstadt. Kurz nach seinem Eintritt in den Kommunalverein rückte er im Februar des Jahres 1970 als Beisitzer in den Vorstand ein. Ab der Wahl 1974 nahm er zunächst als zweiter und kurze Zeit später als erster das Amt im Vorstand des Kommunalvereins wahr, für das er im Stadtteil bekannt war: Schatzmeister! Nach 43 Jahren ehrenamtlicher Arbeit im Kommunalverein trat er im Alter von fast 79 Jahren bei den Vorstandswahlen im Februar 2013 nicht wieder an.
Nun war es keineswegs so, dass Horst Scherf sich in seiner Vorstandsarbeit auf das Gebiet der Finanzen des Kommunalvereins beschränkte. Im Gegenteil, die Belange der Kasse überließ er weitgehend seiner Ehefrau Monika, die seit 1974 das Amt des 2. Schatzmeisters von ihm übernommen hatte. Er wandte sich gerne anderen Aufgabenfeldern des Kommunalvereins zu, zum Beispiel den gemeinsamen Ausfahrten, den Sportgruppen und den Veranstaltungen. Bei Letzteren sind insbesondere die von ihm organisierten und heiß geliebten Jazz-Frühschoppen zu erwähnen, die über viele Jahre lang vor der Sommerpause im Stavenhagenhaus stattfanden.
Die Kasse zu führen, übertrug er – wie gesagt – weitgehend seiner Ehefrau; den Kassenbericht einmal im Jahr auf der Jahreshauptversammlung im Februar vorzustellen, jedoch nicht. Dadurch kam es auf den Versammlungen immer wieder zu spaßigen Begebenheiten, auf die sich die Eingeweihten spätestens seit Januar des jeweiligen Jahres sehr freuten. Horst, der den Kassenbericht nicht wirklich kannte und bei seinem Weg zum Podium von seiner Frau ein DIN-A4-Blatt mit den wichtigsten Daten in die Hand gedrückt bekam, geriet immer einmal wieder in die falsche Zeile oder las Zahlen vor, die nicht zum jeweiligen Sachverhalt passten. So ein Lapsus führte dazu, dass seine Frau ihn aus den hinteren Reihen des Publikums mit ihrer relativ tiefen Stimme korrigierte, wie erwähnt, sehr zur Freude aller eingeweihten Anwesenden. Horst ficht das jedoch nicht weiter an. Er nahm die Korrektur auf, baute sie in seinen Vortrag ein und fuhr fort.
Mit Horst Scherf haben wir einen Menschen verloren, der sich mit Herz und Verstand für die Gemeinschaft einsetzte, dessen Engagement und Verbindlichkeit unvergessen bleiben. Seine Fähigkeit, Menschen zusammenzubringen und die Diskussion mit einem freundlichen, aber klaren Beitrag zu bereichern, prägte die gemeinsamen Aktivitäten und Begegnungen im Kommunalverein viele Jahre lang. Wenn es einen eigenen Portugaleser für Verdienste um Groß Borstel gäbe, Horst hätte ihn verdient.
Er ruhe in Frieden!
Helmut Vogt
Wenn nach Mitgliederversammlungen des Kommunalvereins oder nach Konzerten und anderen Veranstaltungen Groß Borsteler in der Bauerndiele bei einem Bier oder einem Glas Wein zusammensaßen, konnte es geschehen, dass mit lauter Stimme, aber freundlich-ironisch Horst Scherf in die Runde rief: „He, Leute, habt ihr kein Zuhause?“ Vermutlich wollte er damit signalisieren, er müsse jetzt nach Hause gehen, weil er als früh aufstehender Handwerker seinen Schlaf brauche, um am nächsten Tag wieder fit wie immer zu sein. Unvergesslich auch seine Präsenz beim jährlichen Stadtteilfest: Von morgens bis abends saß er am Stand des Kommunalvereins, kannte fast alle Vorbeigehenden mit Namen und Lebensgeschichte, rief sie zu sich und schnackte mit ihnen oder ermunterte sie zu einer Unterschrift unter ein Projekt oder zum Kauf eines Stadtteilproduktes.
Viele werden ihn so in der Erinnerung behalten: ein Mann klarer Worte, voller Geschichten und Anekdoten, stets freundlich zu jedermann, dem Stadtteil eng verbunden und jederzeit bereit, sich für Groß Borstel zu engagieren.
Wolf Wieters