Hamburger Zukunftsentscheid am 12. Oktober
„Man muss kämpfen und was tun“, meint die Bestsellerautorin Cornelia Funke zum Kampf gegen den Klimawandel. Die Ex-Hamburgerin ist wegen des Klimawandels von Kalifornien zurück nach Europa gezogen und lebt jetzt in Italien. Kämpfen ja. Aber wie?
Es braucht einfach nur ein Kreuzchen: Nach dem erfolgreichen Volksbegehren 2024 dürfen am 12. Oktober alle wahlberechtigten Hamburgerinnen und Hamburger über das neue Klimagesetz abstimmen. Im Wahllokal am 12. Oktober oder per Briefwahl. Die Briefwahlunterlagen sollten eigentlich ab 6. September verschickt worden sein. Bis zum Redaktionsschluss ist bei uns jedoch noch nichts angekommen.
Das derzeitige Hamburger Klimaschutzziel sieht nach dem zwischen SPD und Grünen geschlossenen Koalitionsvertrag die Klimaneutralität des „Konzerns Hamburg“ (Gemeint sind die stadteigenen Unternehmen und Immobilien.) zwar pro forma bis 2040 vor, hat aber keine verbindlichen Zwischenziele festgelegt und etliche Hürden definiert. Zudem wird die städtische Saga mit ihren 140.000 Wohnungen vom vorgezogenen Klimaziel ausgenommen. Sie soll den CO2-Ausstoß des Wohnungsbestandes lediglich um 37 % bis 2045 reduzieren.
Die vermutlich unüberwindbaren Hürden für die Klimaziele bis 2040: Der Bund soll mitspielen und beispielsweise riesige CO2-Speicher schaffen, einen „exponentiellen Hochlauf der Elektromobilität“ fördern und „80 Prozent Erneuerbarer Energie“ bereitstellen.
Danach sieht es jedoch nicht aus. CDU-Wirtschaftsministerin Katharina Reiche (ehemalige Vorstandsvorsitzende der Westenergie AG, Tochtergesellschaft des Eon-Konzerns) hat mit erneuerbaren Energien nicht viel am Hut, baut stattdessen munter neue Gaskraftwerke, und zwar innerhalb der nächsten zehn Jahre 71 Gaskraftwerke der großen 500-Megawattklasse, finanziert aus dem von der Ampel aufgelegten Klimafonds. Regierungsmitglieder – allen voran der Kanzler – torpedieren ausgerechnet zur Internationalen Automobilausstellung die E-Mobilitätsanstrengungen der verunsicherten deutschen Autoindustrie. Sie fordern wie einst die aus dem Bundestag ausgeschiedene FDP: Technologieoffenheit und Vertagung des Verbrennerverbots der EU. Und die CO2-Speicher sind nicht einmal geplant, geschweige denn erprobt. Auch der Netzausbau zieht sich dahin und verteuert sich zusehens, weil immer mal wieder einer der über 900 Netzbetreiber sich am Ausbau nicht beteiligen will. Die absurde Idee aus dem Wirtschaftsministerium: Die Besitzer von Fotovoltaik- und Windkraftanlagen sollen für die Netzeinspeisung Geld bezahlen. Man könnte meinen, die Bundesregierung ist von Lobbyisten unterwandert, die an einer nachhaltigen, dezentralen Energieversorgung kein Interesse haben.
Hamburgs Weg zur Klimaneutralität unterliegt übrigens weitgehend keiner Kontrolle. Lediglich ein Zwischenziel im Jahr 2030 hat der Senat eingeplant: 70 % CO2-Reduktion bis 2030. Der mit hochkarätigen Wissenschaftlern besetzte Klimabeirat des Senats warnt bereits, dieses Ziel sei kaum noch zu erreichen. Und dann? Schulterzucken?
Mit den Änderungen des im Oktober zur Abstimmung stehenden Klimagesetzes werden bis 2040 verbindliche jährliche Ziele festgelegt. Das soll mehr Transparenz, Planbarkeit und die Möglichkeit bringen, gegebenenfalls nachzusteuern.
Klimaschutz muss bezahlbar bleiben, fordert der Zukunftsentscheid. Haushalte mit niedrigem oder mittlerem Einkommen sollen Förderungen erhalten.
Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) diffamierte die sozial gerechte Wärmewende als „realitätsfern und belastend“ und schlägt sich auf die Seite der angeblich „technologieoffenen“ Bremser.
Ohne Umrüstung wird es jedoch richtig teuer, meinen die Klimaschützer des Zukunftsentscheids. Die Gas- und Ölabhängigkeit von Putin wird zementiert, und die Preise werden „exponentiell“ durch die Decke gehen. Ein Vertagen der Klimamaßnahmen würde ausgerechnet einkommensschwachen Haushalten kaum tragbare soziale Risiken aufbürden.
Die Klimaschützer von Campact meinen: „Um das Klima zu retten, bleiben uns nur noch wenige Jahre. Die Klimakrise hat das Zeug zur existentiellen Krise der Menschheit.“
Also sind die Wähler gefordert, am 12. Oktober das Kreuz an der richtigen Stelle zu machen. Allerdings: Nichts ist einfacher als das.
Text: Uwe Schröder, Foto: Campact e.V.


